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Holzhammerdiplomatie

Aufrüstung, Flüchtlingsabwehr: CSU zeigt der SPD vor den Sondierungen die Faust

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 3 Min.

Der jüngst zum Thronfolger von Ministerpräsident Horst Seehofer gekürte bayerische Finanzminister Markus Söder übt sich in Bescheidenheit. Er akzeptiere die Federführung Seehofers für die CSU in den Verhandlungen mit der SPD, sagte Söder in einem Gespräch der Deutschen Presse-Agentur. Mit viel weniger Zurückhaltung geht die CSU insgesamt in die Gespräche, die am 7. Januar beginnen sollen. Zuvor noch trifft sich die Landesgruppe Anfang Januar zur Klausur in Kloster Seeon, und was ihr dort zum Beschluss vorliegt, ist eigentlich geeignet, die Sondierungen mit der SPD in Frage zu stellen. Die »Süddeutsche Zeitung«, die aus dem Papier zitiert, nennt etwa die Forderung nach einer Erhöhung der Rüstungsausgaben in Höhe von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Dies verlangt bis 2024 auch ein NATO-Beschluss von 2014, den US-Präsident Donald Trump in Erinnerung gerufen hatte und dessen Umsetzung er inquisitorisch verlangt. Für »ein sicheres Deutschland, das seiner europäischen und internationalen Verantwortung gerecht wird«, sei »eine schlagkräftige, moderne Bundeswehr« nötig, heißt es dem Zeitungsbericht zufolge nun in der CSU-Vorlage, die auf der Klausur beschlossen werden soll. Die »bestmögliche Ausrüstung, Ausbildung und Betreuung der Soldatinnen und Soldaten« wie auch die Modernisierung der Bundeswehr kosteten Geld. Konkret ginge es um eine Steigerung der Rüstungsausgaben von derzeit 41 Milliarden auf 70 Milliarden Dollar.

Die SPD, auch wenn sie 2014 den Beschluss mittrug, verweigert sich bisher einem solchen Aufwuchs. Auf den Zeitungsbericht reagierte man gereizt. »Was wir brauchen, sind Investitionen in Bildung, Familien und Infrastruktur und nicht in Aufrüstung«, sagte SPD-Vize Ralf Stegner dem »Kölner Stadt-Anzeiger«. Die CSU solle sich das für die nächste Alleinregierung aufheben, »aber nicht für ernsthafte Verhandlungen mit der SPD«. Natascha Kohnen, ebenfalls Vizevorsitzende der SPD, kritisierte bei Twitter, es sehe so aus, als wolle die CSU die Gespräche »mit Anlauf gegen die Wand fahren«.

Auch die Flüchtlingspolitik dürfte erneut einer der Hauptstreitpunkte in den Verhandlungen werden. »Es ist nicht akzeptabel, dass Deutschland mehr Flüchtlinge aufnimmt als alle anderen 27 EU-Staaten zusammen«, heißt es im CSU-Papier. Eine Reform der EU-Asylregeln dürfe nicht dazu führen, »diese ungleiche Lastenverteilung noch zu verschärfen«. Asylverfahren sollten EU-weit an den EU-Außengrenzen und auch Abschiebungen direkt von dort erfolgen. Die EU-Missionen zur Aufnahme von Bootsflüchtlingen im Mittelmeer dürften »kein Shuttleservice nach Europa« sein, wie das CSU-Papier es bezeichnet, sondern müssten sich auf »Rettung und Rückführung« der Flüchtlinge konzentrieren. Die Entwicklungshilfe, der sich das Papier auch widmet, soll mindestens verdoppelt werden. Dabei sollen Länder mehr Geld erhalten, die bei der Rücknahme von Flüchtlingen mit Deutschland zusammenarbeiteten.

Die CSU verweigert sich der SPD auch beim Thema Europa. Den von SPD-Chef Martin Schulz verfolgten Vereinigten Staaten von Europa kann sie nicht viel abgewinnen. In den Passagen der Beschlussvorlage zu EU-Europa geht es vielmehr um Kriterien, »ab welchem Punkt der Integrationsprozess zu Ende ist und wir keine weiteren Kompetenzen mehr nach Brüssel verlagern wollen«. Auch einen eigenen Haushalt der Eurozone und einen EU-Finanzminister lehnt die CSU ab. Mit Agenturen

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