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Der Apfel bleibt beim Stamm
Unternehmernahes Institut hält soziale Mobilität hierzulande für groß
»Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm«, lautet ein bekanntes Sprichwort. Will heißen: Wie die Eltern, so die Kinder. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln) will nun herausgefunden haben, dass dieses Sprichwort zumindest beim Erwerbseinkommen nicht stimmt. »Rund 63 Prozent der Söhne in Deutschland haben ein höheres Arbeitseinkommen als ihre Väter«, lautet ein zentrales Ergebnis einer Studie, die das IW Köln am Montag in Berlin vorstellte.
Verdiente der Vater im Schnitt 41 113 Euro brutto pro Jahr durch seine Arbeit, so kam der Sohn laut den IW-Forschern auf 44 976 Euro. Besonders häufig konnten demnach Kinder der Unterschicht zulegen. »Rund 90 Prozent der Söhne erreichen ein höheres Einkommen, wenn der Vater aus dem untersten Einkommensviertel stammt«, erklärte IW-Köln-Direktor Michael Hüther. Fast jeder zweite Sohn, dessen Vater aus der unteren Schicht kommt, habe es sogar geschafft, ein um 50 Prozent höheres Bruttoarbeitseinkommen zu erzielen. »Beide Befunde deuten auf eine starke Aufwärtsmobilität hin«, so Hüther.
Der Ökonom und seine Kollegen widersprechen damit der gängigen These, dass es immer schwerer werde aufzusteigen. Und wer reich geboren werde, bleibe meist sein ganzes Leben reich. »Die Einkommensverteilung hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verfestigt«, schrieb zum Beispiel das gewerkschaftsnahe Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) in seinem Verteilungsbericht 2016. Und auch die Bertelsmann-Stiftung kam vergangenes Jahr in einer ihrer Studien zu dem Schluss, »dass die sozioökonomische Stellung des Elternhauses als Erklärungsfaktor von Ungleichheit zunehmend an Bedeutung gewinnt«.
Wie kommt das IW Köln also zu einem Ergebnis, das sich so stark von anderen unterscheidet? Für ihre Untersuchung griffen die Kölner Forscher auf Daten des Sozio-Oekonomischen Panels des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zurück und verglichen die Einkommenssituation von 309 Vater-Sohn-Paaren in »vergleichbaren Lebensabschnitten«.
Doch auch der Leiter des renommierten DIW, Marcel Fratzscher, ist nicht gerade bekannt dafür, dass er Deutschland für ein Land mit viel Chancengleichheit hält - ganz im Gegenteil: So schrieb er im vergangenen Jahr zum Beispiel in der »Zeit«, dass die zentrale Ursache für die hohe Ungleichheit der Vermögen und Markteinkommen hierzulande in der geringen Chancengleichheit und sozialen Mobilität liege. »In kaum einem Land sind die Bildungs-, Arbeits- und Einkommenschancen so stark von der sozialen Herkunft abhängig«, so Fratzscher.
Das IW Köln untersuchte indes nur die Einkommensunterschiede von Vätern und Söhnen. Sie schauten also nicht, wie sich die Einkommen von Müttern und Töchtern entwickelt haben. Zudem schränkten sie auch die Vater-Sohn-Gruppe stark ein. Sie untersuchten nur die Einkommensentwicklung von Vater-Sohn-Paaren, bei denen die Väter zwischen 1928 und 1954 sowie die Söhne zwischen 1955 bis 1975 geboren wurden. Familien also, bei denen das Wirtschaftswunder-Versprechen vermutlich eher zutraf als in späteren Generationen. Die »Generation Praktikum«, die Mitte der nuller Jahre in die Arbeitswelt eintrat, fehlt also in der Untersuchung.
Vor allem aber fehlt eine weitere wichtige Gruppe: die Ostdeutschen. Aus »methodischen Gründen« hat sich das IW Köln auf die Betrachtung von westdeutschen Vater-Sohn-Paaren beschränkt. So hätten sich »infolge der Wiedervereinigung vielfach erwerbsbiografische Brüche und Chancen ergeben, die das Analyseergebnis verzerren würden«, erklärte Hüther.
In welche Richtung die Ergebnisse hätten »verzerrt« werden können, zeigt der WSI-Verteilungsbericht: »Vor allem in Ostdeutschland ist die Durchlässigkeit zwischen Einkommensklassen seit der Wiedervereinigung stark rückläufig.« Die Einkommensreichen könnten sich ihrer gehobenen sozialen Lage immer sicherer sein. Wer hingegen einmal arm sei, für den werde es immer schwieriger, diese defizitäre Situation zu überwinden.
Übrigens ist das IW Köln unternehmernah.
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