Rekord: Fast 10.000 Proteste in Venezuela 2017
Laut einem der Opposition nahestenden Institut gab es 27 Demos pro Tag
Caracas. Angesichts der dramatischen Versorgungskrise und Repression der sozialistischen Regierung von Präsident Nicolás Maduro ist die Zahl der Proteste in Venezuela auf ein Rekordhoch gestiegen. Wie die auf Konfliktstudien spezialisierte Organisation »Observatorio Venezolano de Conflictividad Social« (OVCS) in Caracas mitteilte, wurden 2017 insgesamt 9787 Demonstrationen und andere Arten von Protestaktionen gezählt - dies dürfte weltweit ein Spitzenplatz sein.
Das OVCS steht der Opposition nahe, offizielle Zahlen liegen nicht vor. Die Zahl entspricht 27 Demos am Tag und fügt sich ein in eine ganze Reihe von Superlativen, die diese Krise kennzeichnen. Zwar gibt es die größten Ölreserven der Welt, aber auch die höchste Inflation, weshalb der Monatslohn nur noch ein paar Euros wert ist und das Land massive Probleme hat, noch im Ausland genug Lebensmittel einzukaufen. Zudem gilt Caracas als eine der gefährlichsten Städte der Welt.
Zum Vergleich: 2016 wurden vom OVCS 6917 Proteste gezählt. Im Inland gibt es einen dramatischen Wirtschaftseinbruch, nach Schätzung einer Wirtschaftskommission des entmachteten Parlaments lag die Geldentwertung 2017 bei über 2600 Prozent. Maduro macht einen »Wirtschaftskrieg« des Auslands und den niedrigeren Ölpreise für die Misere verantwortlich. Er will mit einer Kryptowährung, dem »Petro«, das Land aus den Fängen der Hyperinflation befreien. Der »Petro« soll mit Ölreserven abgesichert werden und so versucht werden, Einfuhren von Lebensmitteln besser bezahlen zu können. Doch Experten sehen das Vorhaben skeptisch - denn was wenn niemand den »Petro« akzeptiert?
Maduro kann sich bisher auf die Unterstützung des Militärs verlassen, Hunderttausende sind geflohen. Die meisten Supermarktregale sind leer, Hunger und Kindersterblichkeit nehmen rasant zu. Das OVCS zählte im neuen Jahr bisher 386 Demonstrationen, 107 Plünderungen und Plünderungsversuche, bei denen mindestens fünf Menschen starben. dpa/nd
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