Werbung

Fische nicht mehr unter Strom

EU-Parlament verbietet Elektroschleppnetze auch zu Forschungszwecken

  • Ralf Streck
  • Lesedauer: 3 Min.

Am Dienstag hat sich das Europaparlament mit der umstrittenen Elektrofischerei befasst. Es hat sich gelohnt, dass Meeresschützer und Fischereiverbände vorher auf die Barrikaden gingen: Die Kritiker konnten die Mehrheit im Parlament überzeugen. So wurde nicht nur die Ausweitung der seit 2006 zu Forschungszwecken erlaubten Elektrofischerei abgelehnt, sondern auch mit einer großen Mehrheit von 402 gegen 232 Stimmen ein Antrag angenommen, mit dem diese als »zerstörerisch« bezeichnete Methode ganz verboten wird.

Nun ist man auf dem richtigeren Weg, schließlich sollte es um »technische Maßnahmen für die Erhaltung der Fischereiressourcen und den Schutz von Meeresökosystemen« gehen. So klang auch der Entwurf nach Schutz der Meere und Ressourcen: »Ziel ist es, die bei einem bestimmten Fischereiaufwand zulässigen Fangmengen zu begrenzen und die Auswirkungen der Fischerei auf das Ökosystem zu verringern«. Gesprochen wurde vom Verbot »zerstörerischer Fanggeräte oder Fangmethoden« wie »Sprengstoff, Gift, betäubende Stoffe, elektrischer Strom, Presslufthämmer oder andere Schlaginstrumente, gezogene Geräte für die Ernte von Korallen oder ähnlicher Organismen und bestimmte Harpunengewehre«.

Allerdings sollten ausgerechnet die elektrischen »Pulsbaumkurren«, bei denen die Netze in Schlepprichtung mit Elektroden gespickt werden, die elektrische Impulse verschiedener Stärke und Frequenz aussenden, um die Fische aufzuscheuchen. Sie sollten »unter bestimmten strengen Auflagen« bald auch außerhalb von Forschungszwecken erlaubt werden. Vor allem in den Niederlanden wird die Methode bisher eingesetzt.

Über Elektronetze werden Krabben und Plattfische vom Meeresboden aufgescheucht und über den Strom quasi in die Netze getrieben. Damit steige der Ertrag um bis zu 20 Prozent, wird berichtet. Diese Netze werden in geringem Abstand über den Meeresboden gezogen, worin der vermeintliche Umweltvorteil gegenüber Schleppnetzen liegt, die den Meeresboden beschädigen. Es werde zudem deutlich weniger Kraftstoff verbraucht, wird zudem als Umweltargument angeführt.

Für die Kritiker ist dieser Vergleich schon deshalb falsch, weil die EU-Kommission die zerstörerischen Schleppnetze eigentlich schon vor fünf Jahren verbieten wollte. Im Entwurf der geplanten Verordnung, in der in Kapitel II die »verbotenen Fanggeräte und Fangmethoden« aufgeführt waren, suchte man vergeblich nach einem Verbot von Schleppnetzen, was auch Abgeordnete der linken und grünen Fraktionen kritisierten. Diese zerstörerische Bodenfischerei macht weiterhin etwa 60 Prozent der gesamten Fischerei in EU-Gewässern aus.

Die Kritiker wollten verhindern, dass einer zerstörerischen Methode nun mit der Elektrofischerei eine weitere hinzugefügt wird. 17 europäische Nichtregierungsorganisationen und Fischereiverbände schlossen sich zusammen und schrieben vergangene Woche einen Brandbrief an die zuständige EU-Kommissarin Karmenu Vella. Sie wurde aufgefordert, ihre Vorschläge zurückzuziehen: »Elektrofischerei ist weithin als zerstörerisch bekannt und in den meisten Fischerei-Nationen der Welt verboten, auch in China«, hieß es darin.

Bei der Methode stiegen nämlich nicht nur die Erträge, auch erhöhe sich der unerwünschte Beifang um bis zu 70 Prozent. Bis zu zehnmal so viele Tiere landeten im Vergleich zur handwerklichen Kiemennetzfischerei im Netz und würden meist tot zurück ins Meer geworfen. China habe die Methode im Jahr 2000 wegen der schädlichen Auswirkungen verboten. Das elektrische Fischen schädige oder töte die meisten Fische sowie Fischrogen und andere Meerestiere und habe eine »langfristig schädliche Wirkung auf die Fischereiressourcen und das marine Ökosystem«, schreiben die Kritiker.

Eigentlich will die EU unerwünschte Beifänge seit Jahren bekämpfen. Doch schönen Worten sind praktisch kaum Taten gefolgt. So hatten kürzlich die Deutsche Umwelthilfe und die Kampagne OURFISH, die den Brandbrief ebenfalls unterzeichnet hat, »das Versagen der EU-Fischereiminister« kritisiert, die »Überfischung zu beenden«. Eines der größten Probleme sei, dass trotz der bestehenden Anlande- verpflichtung die Rückwürfe der unerwünschten Beifänge nicht ausreichend kontrolliert würden.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.