Zehn Punkte gegen Fahrverbote
Mit einem Paket kurzfristiger Maßnahmen will Senat Dieselautos retten
Überraschungen finden sich nicht im Zehn-Punkte-Plan, den der Senat am Donnerstag gemeinsam mit Vertretern von Wirtschaft, Wissenschaft und Umweltverbänden verabschiedet hat. Ein Förderprogramm, um Taxifahrer zum Umstieg von Diesel- auf Hybrid- oder Elektroautos zu bringen, war schon beim ersten Berliner Diesel-Gipfel im September beschlossen worden. Auch die geplante Preissenkung für das Jobticket und die Änderung von Ampelschaltungen zur Vermeidung von Stop-and-Go ist bereits bekannt.
Neu ist lediglich ein erster Zeitplan für das Taxi-Programm: Vom 1. März bis 30. Juni erhalten Taxiunternehmer, die Dieselautos bis zur Euro-5-Klasse verschrotten lassen und dafür Hybridfahrzeuge anschaffen, 2500 Euro pro Wagen. Da für dieses Programm insgesamt fünf Millionen Euro zur Verfügung stehen, können 2000 Fahrzeuge bezuschusst werden - ein Viertel der Taxi-Flotte. »Das ist ein schnelles erstes Anreizprogramm«, sagte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD).
Weitere geplante Maßnahmen sind ein Förderprogramm, um Wirtschaftsbetriebe zum Umsteigen auf emissionsarme Autos zu unterstützen. Dafür stehen sechs Millionen Euro zur Verfügung. Darüber hinaus sollen die Landesflotten auf Elektromobilität umgestellt, die Ladeinfrastruktur für E-Autos ausgebaut und der Radverkehr gefördert werden. Auch der Öffentliche Nahverkehr soll attraktiver werden, unter anderem durch ein günstigeres Jobticket. Bisher können Arbeitnehmer in Betrieben ab mindestens 50 Beschäftigten eine solche Monatskarte für den öffentlichen Nahverkehr erhalten, sparen aber nur fünf Prozent. Perspektivisch soll es nur noch 50 Euro kosten und auch für kleinere Betriebe gelten. Einen Zeitplan gibt es nicht. Auch die Kosten dafür wurden nicht genannt, ebensowenig wie für die übrigen Maßnahmen.
Um besonders von Schadstoffen belastete Gebiete - das sind etwa 60 Kilometer Straßen - zu entlasten, soll beispielsweise der Verkehrsfluss verbessert werden. Wenn Autos häufig anhalten und wieder anfahren müssen, steigen die Emissionen. Deshalb sollen Ampelschaltungen verändert werden, um das Stop-and-Go zu verringern. Auch sollen in den belasteten Gebieten mehr neue und nachgerüstete Busse eingesetzt werden.
Auf Straßen, an denen die Grenzwerte nur knapp gerissen werden, das betrifft etwa 30 Kilometer des Straßennetzes in Berlin, seien diese Maßnahmen »durchaus geeignet« um für Entlastung zu sorgen, sagte Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne). Für die »Hotspots« wie die Leipziger Straße reichten sie aber nicht aus. Die Sofortmaßnahmen sollen dazu dienen, das drohende Fahrverbot für Dieselfahrzeuge in Berlin zu verhindern. Im Mai soll das Berliner Verwaltungsgericht über eine Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) entscheiden. Die hatte den Senat wegen der permanenten Überschreitung der Grenzwerte für Stickstoffdioxidausstoß verklagt. Der Ausgang hängt auch davon ab, wie das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Ende Februar mit einer ähnlichen Klage der DUH gegen das Land Nordrhein-Westfalen entscheiden wird. Das Verwaltungsgericht in Düsseldorf hatte der DUH in erster Instanz zunächst Recht gegeben.
Tilmann Heuser, Geschäftsführer des Berliner Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), sprach von einem »ersten Schritt«. »Man muss sehen, ob das Fahrverbot tatsächlich verhindert werden kann«, sagte Heuser, der am Gipfel teilgenommen hatte. Das hänge beispielsweise davon ab, wie viele Taxiunternehmer auf Hybridfahrzeuge umstellen. Um langfristig die Luftqualität zu verbessern, müsse die blaue Plakette kommen, um besonders schmutzigen Dieselautos Fahrverbote erteilen zu können. Die Einführung der Plakette muss auf Bundesebene entschieden werden. DUH-Chef Jürgen Resch sagte dem »nd«, der Zehn-Punkte-Plan sei nichts weiter als »Aktionismus«. Er zeige lediglich die Nervosität des Berliner Senats angesichts des Gerichtsentscheids im Februar. »Berlin kommt um Fahrverbote nicht herum - auch nicht mit diesen Maßnahmen.« Er forderte den Senat auf, keine neuen Diesel-Taxis zuzulassen und keine neuen Diesel-Busse zu kaufen.
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