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- Cottbus nach den Übergriffen
Cottbus will aktiv werden
Landesregierung befasst sich mit dem Thema Integration von Geflüchteten
Die nach Gewalttaten von jugendlichen Flüchtlingen, rassistischen Übergriffen von Einheimischen und Attacken gegen Journalisten aufgeheizte Stimmung in Cottbus hat am Dienstag die Landesregierung beschäftigt. Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) erklärte nach der Kabinettssitzung in Potsdam, dass »alle Gewalttaten und Übergriffe - egal von welcher Seite - inakzeptabel sind und geahndet werden«. Schröter betonte: »Wir lassen keine Situation der Angst zu.«
Sozialministerin Diana Golze (LINKE) kündigte den Einsatz von 30 bis 40 zusätzlichen Sozialarbeitern an. Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) versprach mehr Unterstützung für die Schulen.
»Das Land unterstützt die Stadt selbstverständlich«, versicherte Innenminister Schröter. Cottbus habe in den vergangenen Jahren freiwillig mehr Geflüchtete aufgenommen, als nach den Landesquoten notwendig gewesen wäre. Das dürfe der Stadt nun nicht zum Nachteil werden. Man werde die Polizeipräsenz verstärken und mehr Streifen einsetzen, die durch Zivilkräfte unterstützt werden.
Das in der Staatskanzlei angesiedelte Handlungskonzept »Tolerantes Brandenburg« will seine Anstrengungen für ein friedliches Miteinander in Südbrandenburg und speziell Cottbus verstärken. Es ruft zur Teilnahme am für den 15. Februar geplanten Sternmarsch des »Cottbuser Aufbruch« auf.
Wie Rathaussprecher Jan Gloßmann dem »nd« sagte, wollen sich auch Stadtverwaltung und Oberbürgermeister Holger Kelch (CDU) an der traditionellen Manifestation »Cottbus bekennt Farbe« beteiligen. Am 15. Februar 1945 war Cottbus Ziel eines schweren alliierten Bombardements geworden. Gloßmann bestätigte, dass die Stadt Cottbus Dienstaufsichtsbeschwerde gegen einen Angehörigen der Berufsfeuerwehr eingereicht hat, der am Sonnabend im Einsatz öffentlich seine Sympathie mit einer asylfeindlichen Demonstration des rechten Vereins »Zukunft Heimat« bekundet hatte. Der Mann hatte über den Lautsprecher eines Feuerwehrfahrzeugs der Stadt Cottbus den Vorbeiziehenden zugerufen: »Wir grüßen die Patrioten in Cottbus.«
Scharfe Reaktionen lösten Übergriffe aus den Reihen der Demonstranten aus. Nach dem Angriff auf zwei Journalisten ermittelt die Polizei wegen Sachbeschädigung und versuchter Körperverletzung. Der Verein Opferperspektive teilte mit, dass nach der Kundgebung auch Mitarbeiter seines Beratungsteams durch Hooligans sexuell beleidigt und bedroht worden seien.
Protest gegen die Attacken auf Reporter kam vom Journalistenverband Berlin-Brandenburg (JVBB), von der Landespressekonferenz und von den Grünen.
»Wer selbst das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit nutzt, muss auch das Grundrecht der Berichterstattung akzeptieren«, erklärte JVBB-Vorsitzender Christian Walther. Journalisten müssten ungehindert ihrer Arbeit nachgehen können. Der Vorstand der Landespressekonferenz betonte: »Wenn Veranstalter nicht gegen derartige Exzesse vorgehen, zeugt das davon, dass sie mit unserer demokratischen Gesellschaft auf Kriegsfuß stehen.«
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