Cottbus fühlt sich alleingelassen

Der Innenausschuss will helfen, die Stadt fühlt sich überfordert

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 3 Min.

Das kreisfreie Cottbus ist mit rund 100.000 Einwohnern nach Potsdam die zweitgrößte Stadt Brandenburgs. Als Universitäts-, Klinik- und Theater- und Filmmetropole hat sie auch jenseits der Grenzen des Landes einen guten Ruf. Doch hat sie seit Beginn der 1990er Jahre auch ein Problem mit einer aggressiven rechten Szene, gegen die die Stadt, wie Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) deutlich machte, stets auf Hilfe vom Land zählen konnte.

Dennoch habe Cottbus für sie immer auch für Offenheit und Toleranz ihrer Bürger und eine weitgehend gut gelungene Integrationsarbeit gestanden, erklärte die Andrea Johlige (LINKE), flüchtlings- und migrationspolitische Sprecherin ihrer Fraktion, im Innenausschuss. Sie sprach sich dafür aus, dass das Land nach den notwendigen Lösungen für die jetzt offen zu Tage getretenen Probleme gemeinsam mit der Stadt, dem Landkreistag und allen Kommunen suchen muss.

Auslöser des in Teilen der Cottbuser Bevölkerung zu registrierenden Stimmungsumschwungs im Verhältnis gegenüber in der Stadt lebenden Migranten waren wiederholte gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen jugendlichen Flüchtlingen und Deutschen. Aus diesem Grund hatte der Ausschuss, der seit Donnerstag von Klara Geywitz (SPD) geleitet wird, Oberbürgermeister Holger Kelch (CDU) eingeladen, um sich ein Bild über die Situation zu machen.

Kelch verteidigte die langjährigen Bemühungen der Cottbuser bei der Organisation des Zusammenlebens in der Stadt und der Integration von Asylbewerbern. In den vergangenen zwei Jahren habe die 100.000 Einwohner zählende Stadt aber deutlich mehr Flüchtlinge aufgenommen als andere Städte. Deren Anteil an den Ausländern, darunter EU-Arbeitskräfte und Studenten, sei von einem Drittel (1326) im Jahr 2015 bis Ende Dezember 2017 auf mehr als die Hälfte (4281) gestiegen.

Die Probleme bei der Integration sind der Stadtverwaltung über den Kopf gewachsen. Bei Kindern und Jugendlichen sieht Kelch gravierende Schwierigkeiten, es fehlt an Sozialarbeitern, Lehrern und Betreuern. Und es fehlt an Geld. So würden 81 Prozent der Flüchtlingskinder bis zu sechs Jahren, das sind 866, nicht in die Kita gegeben und hätten zur Einschulung keine ausreichenden Deutschkenntnisse. Der Flüchtlingsanteil in den Schulen liege im Schnitt bei 15 Prozent, in einzelnen Klassen auch bei 60 Prozent. Viele Eltern sprächen kein Deutsch, verweigerten Behördenkontakt, missachteten weiblichen Mitarbeitern häufig den Respekt.

Der OB fühlt sich vom Land im Stich gelassen. Den nun verfügten Zuzugsstopp habe er schon im März 2017 erbeten. Noch immer stünden Ende August mit den Ministerien vereinbarte kurzfristige Integrationshilfen aus. Die Stadt sei Ende Dezember mit 1,9 Millionen Euro in Vorleistung gegangen, habe ein Paket für Maßnahmen zur Verbesserung der Sozialarbeit im Volumen von zwei Millionen Euro aufgelegt. Doch allein sei man damit überfordert.

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