Ein frommer Anhänger des »rechten Glaubens«
Das Werk des »Meisters von Meßkirch« zeugt vom regionalen Festhalten am Altglauben in den Jahren der Reformation
Das 500-jährige Jubiläum von Martin Luthers Thesenanschlag in Wittenberg, der allgemein als Beginn der Reformation gilt, war Anlass für mancherlei Ehrungen hierzulande. Auch die Staatsgalerie in Stuttgart leistet einen gewichtigen Beitrag dazu. Nicht der reformatorische Gedanke steht hier zur Debatte, sondern das genaue Gegenteil und mithin eine Malerei, die noch im Geiste der altgläubigen Bildvorstellungen betrieben wurde. Dem altgläubigen Bekenntnis huldigte der Meister von Meßkirch, ganz im Gegensatz zum weltlichen Prinzip der Malerfamilie Cranach.
Die Kunstgeschichte kennt allerdings keinen dokumentarisch abgesicherten Namen für den »Meister von Meßkirch«. Die Quellenlage ist vollkommen vage. Alle Zuschreibungen seiner Bilder sind demzufolge hypothetischen Charakters. Eine ganze Reihe anderer Maler kamen in Betracht, so unter anderem Barthel Beham, auch Peter Strüb d. J. aus der Malerfamilie Strüb mit dem Notnamen »Meister von Sigmaringen« und sogar Hans Holbein. Sie erwiesen sich am Ende als problematisch. Zu eigenständig sind die Werke dieses unbekannten Malers. Man einigte sich auf einen Notnamen, eben auf die Bezeichnung »Meister von Meßkirch«, ohne Aussicht, das Namensrätsel auch nur annähernd lösen zu können.
Ein bezeichnendes Licht wirft das Schaffen dieses Meisters auf die Zeitverhältnisse, und die bleiben damit nicht verborgen. Luther hatte eine Bewegung ausgelöst, die man revolutionär nennen kann. Aber nicht überall vermochte man ihm zu folgen. Das Reich blieb gewissermaßen ein Konglomerat unterschiedlich strukturierter Territorien. Das Beispiel Württemberg zeigt es ganz augenscheinlich in der Kunst. Während Herzog Ulrich von Württemberg 1534 in seinem Herrschaftsgebiet die Reformation einführt, hält der Landadel am kaisertreuen Altglauben noch fest. So auch der wichtigste Auftraggeber des »Meisters von Meßkirch«, Graf Gottfried Werner von Zimmern. Die schönsten Werke hat der Meister für ihn gemalt, wie den »Wildensteiner Altar« und das »Hochaltarretabel« von St. Martin in Meßkirch.
Ohne Zweifel erweist sich der Meister in solchen Werken als ein überragender Maler der katholischen Reform im Stile des Frühmanierismus. Ein frommer Anhänger des »rechten Glaubens« gewiss und dennoch auch zu renaissancehaften Gestaltungsformen neigend, ja, zweifellos auch ungewöhnliche Intentionen für Renaissanceideen aufgreifend.
Die Ausprägung seines Frauentyps, die Farbgestaltung sind äußerst eindrucksvoll. Da offenbart er eine Berührung mit den Werken von Hans Schäuflein. In seinen liebenswürdigen, ganz naiv empfundenen farbkräftigen Täfelchen, in einem malerischen Stil, der an Albrecht Dürer anknüpft! Beispielsweise mit pointiert zugespitzten Gesichtern. Einen tiefen Eindruck dürften ihm wohl die Holzschnitte des »Marienlebens« von Dürer gemacht haben.
Ganz großartig sind die kleinen Hausaltäre des Meisters. Die Figuren agieren gewöhnlich auf einer schmalen Vordergrundbühne von Landschaftsausblicken, sehr viel Natur im Sinne der Donauschule. Nicht von der Hand zu weisen ist zuweilen die Nähe zu Hans Baldung Grien. Während aber bei diesem die Farben eher kühl und matt erscheinen, bevorzugt der »Meister von Meßkirch« einen eher samtigen und warmen Farbton. Eine höchst differenzierte Feinmalerei und ein hoher Goldanteil sind bezeichnend für diese Kunst, die den Eindruck des Exquisiten vermittelt, mit viel Sinn für Prunk und Schmuck.
»Der Meister von Meßkirch - Katholische Pracht in der Reformationszeit«, bis zum 2. April in der Staatsgalerie Stuttgart, Konrad-Adenauer-Straße 30 - 32.
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