Lange Haft für Bangladeschs Oppositionsführerin
Vor den Parlamentswahlen eskaliert der Streit der langjährigen Konkurrentinnen Hasina Wajed und Khaledea Zia
Seit knapp 30 Jahren bestimmen zwei Frauen die Politik Bangladeschs. Ob Hasina Wajed mit ihrer Awami-Liga das höchste Amt des Landes inne hat oder Khaledea Zia mit der Bangladesh Nationalist Party, spielte für den Ablauf im Land über Jahre keine Rolle. Die Frau, die gerade an der Macht war, beschuldigte die andere, eine Terroristin zu sein und ließ deren Parteimitglieder verhaften. Diejenige in der Opposition schimpfte die andere eine Diktatorin und legte das Land mit Streiks lahm. Alle paar Jahre wurden die Rollen getauscht - 2007 übernahm die Armee für kurze Zeit.
Doch 2014 konnte Hasina ihr Amt bei den Wahlen verteidigen, weil die Opposition diese boykottierte. So nennt der Vorsitzende von Transparency International Bangladesch, Dr. Iftekharuzzaman, das Parlament ein Puppentheater - bei einer Wahlbeteiligung von nur 22 Prozent wurden 154 der 300 Abgeordneten ohne Gegenkandidaten ins Parlament gewählt. Auch in den letzten Wochen ließ die Hasina-Regierung wieder Hunderte der Parteimitglieder von Zias BNP verhaften - doch bis zum Donnerstag hatten die beiden »großen« Frauen zumindest sich gegenseitig verschont.
Im aktuellen Prozess wurde Zia dafür verurteilt, weil sie 225 000 US-Dollar eines Treuhand-Fonds für ein Waisenheim unterschlagen haben soll. Die meisten politischen Beobachter sehen das Urteil jedoch im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen im Dezember diesen Jahres und glauben, dass Hasina eine Kandidatur ihrer Dauerrivalin Zia verhindern möchte. Schon vor der Urteilsverkündung hatten die Sicherheitskräfte die 18 Millionen Einwohner Megametropole Dhaka großräumig abgesperrt, um der Opposition keine Möglichkeit zu geben, ihre Parteimitglieder zu mobilisieren.
Darunter wird wieder am meisten die Zivilbevölkerung leiden. Dazu verdeckt es die wahren Probleme. Mit 165 Millionen Einwohner ist Bangladesch ein extrem dicht besiedeltes Land, das täglich Lebensraum verliert. Wissenschaftler sagen voraus, dass das tiefliegende Land bis zum Ende des Jahrhunderts wegen des steigenden Meeresspiegels 25 Prozent seiner Fläche verlieren könnte. Immer mehr Felder versalzen, weil diese für die Garnelenzucht für den Export mit Salzwasser geflutet werden.
Während der Regenzeit öffnet der Nachbar Indien die Schleusen seiner Staudämme, sodass noch mehr Wasser nach Bangladesch fließt und die Felder zum Teil für Monate überschwemmt. Wenn die bengalischen Bauern dann das Wasser in der Trockenzeit dringend benötigen, schließt Indien die Schleusen. Dadurch drückt das Salzwasser in die Flüsse hinein und fördert die Versalzung der Felder und des Grundwassers. Wegen der Verschmutzung seiner Flüsse durch Billig-Industrien wird die Hauptstadt Dhaka in spätestens 20 Jahren ohne Grundwasser dastehen. Auch halten sich immer noch 600 000 aus Myanmar geflüchtete Rohingyas im Land auf.
So ist für die große Mehrheit der Menschen des Landes völlig egal, ob wie immer in den letzten 30 Jahren Zia oder Hasina reagiert - sie bereiten sich mal wieder auf einen Streik vor.
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