• Politik
  • Ankaras Krieg gegen die Kurden

Kein schmutziger Deal für Deniz Yücel

Protest vor Yıldırıms Besuch in Berlin / Linkspartei und Grüne fordern klare Worte von Merkel

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 3 Min.

Rund 80 Demonstranten haben sich am Donnerstag vor dem Berliner Kanzleramt versammelt, um gegen den Besuch des türkischen Ministerpräsidenten Binali Yıldırım bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu protestieren. Fahnen der syrisch-kurdischen Miliz YPG wehen in der Luft, die Menge singt die sogenannte Rojava-Hymne und hält zwischenzeitlich eine Schweigeminute für die getöteten Zivilisten im nordsyrischen Kanton Afrin ab.

Viele der Demonstranten geben Berlin eine Mitverantwortung an dem türkischen Einsatz. »Wir haben ein Recht darauf zu erfahren, was bei dem Treffen zwischen Merkel und Yıldırım heute verhandelt wird«, sagt der 60-jährige Turhan Gülveren. »Es sind unsere Kinder, die in Afrin durch deutsche Waffen sterben.«

Zakaria Bilal erklärt gegenüber »nd«, dass er nach seiner Flucht aus Aleppo mit seiner Familie mehrere Jahre in Afrin lebte. Er konnte weiter nach Deutschland ziehen, doch seine Eltern würden noch in den umkämpften Dörfern wohnen. »Ich erreiche sie nur einmal die Woche«, sagt der 30-jährige Bilal. Um sich nicht machtlos zu fühlen, wolle er wenigstens auf die Straße gehen. »Die Bundesregierung soll endlich den Bewohnern helfen und dazu beitragen, diesen Krieg zu stoppen.«

Auch im Vorfeld der am Freitag beginnenden Münchener Sicherheitskonferenz fand am Donnerstag eine Protestaktion im Hotel Bayerischer Hof statt. Aktivisten besetzten das Foyer und riefen »Deutsche Waffen, deutsches Geld morden mit in aller Welt«, bevor sie von Sicherheitskräften herausgebracht wurden.

Der türkische Ministerpräsident Yıldırım erklärte derweil bereits vor dem Treffen mit Merkel gegenüber der »Tagesschau«: »Lasst uns eine neue Seite aufschlagen und unsere Beziehungen noch weiter ausbauen.« In dem Interview behauptete er zudem, dass er die »Hoffnung« habe, dass der nun seit einem Jahr inhaftierte »Welt«-Korrespondent Deniz Yücel »in kurzer Zeit freigelassen wird«. Allerdings entscheide dies nicht die türkische Regierung, sondern die Justiz.

Die LINKE-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht und der Grünen-Abgeordnete Cem Özdemir forderten die bedingungslose Entlassung Yücels. Seine Freiheit dürfe nicht durch einen »schmutzigen Deal« über die Zusage von Rüstungslieferungen erkauft werden, betonten beide Politiker. Wagenknecht forderte zudem einen Stopp aller Rüstungsexporte an den NATO-Partner und ein Einfrieren der EU-Beitrittsverhandlungen. Merkel müsse bei ihrem Treffen mit Yıldırım »endlich ihre Samthandschuhe ausziehen«.

Derweil ist US-Außenminister Rex Tillerson am Donnerstag zu Gesprächen in Ankara eingetroffen, um eine Konfrontation mit der Türkei abzuwenden. Für den Abend war ein Treffen mit Präsident Erdoğan geplant. Im Zentrum der Gespräche steht die US-Militärhilfe für die YPG.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.