Krisengespräch zwischen Tillerson und Erdogan

US-Außenminister will drohende Konfrontation in Syrien abwenden / EU: Rechtsstaatliche Situation nicht gut

  • Raziye Akkoc, Ankara
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Beilegung des Streits um die nordsyrische Stadt Manbidsch sei eine »Priorität«, sagte Rex Tillerson am Freitag auf einer Pressekonferenz mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu. Die Stadt westlich des Euphrat wird von den kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) kontrolliert. Die Türkei fordert ihren Abzug und droht andernfalls mit einer Militäroffensive auf die Stadt. »Wir stehen Schulter an Schulter mit der Türkei gegen terroristische Bedrohungen«, versicherte Tillerson. Die USA unterstützen die YPG im Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) mit Waffen und Spezialkräften. Die Türkei dringt auf die Einstellung dieser Militärhilfe, da es sich aus ihrer Sicht bei der YPG um den syrischen Zweig der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) handelt. Trotz der Proteste ihres NATO-Partners wollen die USA an dem umstrittenen Bündnis festhalten.

Im Streit um diese Unterstützung für kurdische Kämpfer hatte Tillerson am Vorabend den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan getroffen. Ein Vertreter des US-Außenministeriums sprach danach von einem »produktiven und offenen« Gespräch. Von türkischer Seite hieß es, Erdogan habe unter anderem mit Blick auf die US-Militärhilfe für die YPG in Nordsyrien seine »Erwartungen klar übermittelt«.

Erdogan hat den USA vorgeworfen, der YPG 5000 Lastwagen und 2000 Flugzeuge voll mit Waffen geliefert zu haben. Die Türkei will, dass die USA ihre Soldaten aus Syrien abziehen und die Waffen von der YPG einsammeln, damit sie nicht gegen die Türkei eingesetzt werden. Vor seinem Krisengespräch mit Erdogan hatte Tillerson versichert, die USA hätten »niemals schwere Waffen« an die YPG geliefert. Daher gebe es auch keine solche Waffen zurückzunehmen. Ohne einen Kurswechsel der beiden NATO-Partner droht eine direkte Konfrontation ihrer Truppen in Nordsyrien.

Derweil sieht EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn bei der Türkei noch keine ausreichenden Signale für eine Wiederannäherung an die EU. Es sei noch »zu früh«, um von Entspannung im Verhältnis zu Ankara zu sprechen, sagte Hahn am Freitag beim Treffen der EU-Außenminister im bulgarischen Sofia. »Es gibt einige Signale«. Wenn es aber um rechtsstaatliche Entwicklungen in der Türkei gehe, »dann ist die Situation nach wie vor nicht zufriedenstellend«. Die Türkei verhandelt seit 2005 mit der EU über einen Beitritt. Wegen des massiven Vorgehens der türkischen Regierung gegen ihre Kritiker nach dem gescheiterten Militärputsch von Mitte 2016 liegen die Gespräche aber auf Eis.

Die EU-Staaten hatten Ende 2016 entschieden, die Verhandlungen nicht mehr auszuweiten und in der Folge auch die sogenannten Vorbeitrittshilfen für Ankara gekürzt. Von der türkischen Regierung gebe es nun »verschiedene Bemühungen«, mit der EU wieder ins Gespräch zu kommen, sagte Hahn. So habe Brüssel »Unterlagen bekommen bezüglich der Visa-Liberalisierung« für türkische Bürger.

Der Chef des Europarats hat bei einem Besuch in der Türkei ein Ende des Ausnahmezustands gefordert, der nach dem gescheiterten Militärputsch von Juli 2016 verhängt worden war. Die Festnahme zahlreicher Journalisten, Politiker und Menschenrechtler wirke sich negativ auf die türkische Gesellschaft aus, sagte Thorbjörn Jagland am Freitag in einer Rede im Verfassungsgericht in Ankara. Für den 26. März ist ein Spitzentreffen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Ratspräsident Donald Tusk geplant. AFP/nd

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