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Höchste Zeit für einen Pranger

Verbraucherschützer fordern angesichts vieler Hygienemängel in Bayern mehr Transparenz

  • Lesedauer: 3 Min.

Nürnberg. Die Verbraucherschutzbehörden im Freistaat sind nach Informationen von Foodwatch bei Schwerpunktkontrollen in Lebensmittelbetrieben wiederholt auf gravierende Hygienemängel gestoßen. Die Kontrolleure hätten etwa verschmutzte Arbeitskleidung, verschimmelte Lagerräume und Käferbefall festgestellt, berichtete die Verbraucherorganisation. Sie beruft sich dabei auf Berichte des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL).

Was nach Foodwatch-Einschätzung besonders schwer wiegt: Bei der Hälfte der 2016 im Rahmen von Schwerpunktkontrollen überprüften Betriebe seien Kontrolleure ein Jahr später abermals auf gravierende Hygienemängel gestoßen, beklagt die Organisation in einer Mitteilung. Sie hatte im August 2017 die Herausgabe der Kontrollberichte unter Berufung auf das Verbraucherinformationsgesetz erwirkt.

So hätten Schlachtereien trotz der erst im Vorjahr ausgesprochenen behördlichen Rüge weiterhin mit verschmutzten Arbeitsgeräten und unhygienischer Arbeitskleidung gearbeitet, berichtet Foodwatch. Unter anderem hätten Schneidebretter neben den frischen Verschmutzungen von der morgendlichen Zerlegung »auch Altverschmutzungen in Form von bräunlichen, teils schwärzlichen Belägen« aufgewiesen, zitiert Foodwatch aus den Kontrollberichten.

In einer Obstkelterei stießen Lebensmittelkontrolleure zudem auf stark verschimmelte und feuchte Gewölbekeller, in denen in offenen Lagertanks Säfte, Weine und Zuckerlösungen vermischt wurden. Bei einem Pizzaservice beklagten die Prüfer die chaotische Lagerung von Lebensmitteln. In vielen Produktionsräumlichkeiten stießen sie an Decken und Wänden auf Schwarzschimmel- und Salpeterbildung, in einer Backstube tummelten sich Käfer und Mäuse.

Die Verbraucher würden davon leider nichts erfahren, weil sich das LGL weigere, die Ergebnisse der Kontrollen unter Nennung der Betriebe zu veröffentlichen. Die wiederholt festgestellten gravierenden Hygienemängel zeigen aber nach Foodwatch-Einschätzung: »Ohne Transparenz funktioniert das Kontrollsystem nicht«. Zwar hätten die Behörden Maßnahmen zur Behebung der Mängel angeordnet. Die Namen der betroffenen Betriebe blieben aber unter Verschluss.

Für weitaus mehr Transparenz sorgten hingegen die dänischen Behörden, wie Foodwatch berichtet. Dort seien Lebensmittelbetriebe verpflichtet, die Kontrollergebnisse mithilfe eines Smiley-Systems an der Eingangstür auszuhängen. Seit Einführung dieses Systems im Jahr 2002 habe sich die Quote der beanstandeten Betriebe von 30 auf 15 Prozent halbiert.

Eine Sprecherin des LGL bestätigte die Herausgabe der Kontrollberichte aus den Jahren 2016 und 2017 an Foodwatch. Was die Veröffentlichung der konkreten Kontrollberichte samt Firmenangaben angehe, so seien ihrer Behörde gesetzlich die Hände gebunden. Die aktuelle rechtliche Lage erlaube es nicht, Unternehmen in Veröffentlichungen namentlich an den Pranger zu stellen. Man bemühe sich dennoch um Transparenz, indem man die Ergebnisse solcher Schwerpunktkontrollen jährlich in »zusammengefasster Form« im LGL-Jahresbericht veröffentliche.

Das Bestreben des bayerischen Verbraucherschutzministeriums sei es, Hygieneverstöße vom Lebensmittelunternehmer dauerhaft abzustellen, betonte ein Ministeriumssprecher. Die Spezialeinheit Lebensmittelsicherheit des LGL sei dabei aber auf die Behörden vor Ort angewiesen, die sie anfordern müssten.

Ein öffentlicher Pranger solcher Hygieneverstöße ist nach Angaben des Ministeriums derzeit aus rechtlichen Gründen nicht möglich. Eine Vorschrift im Lebensmittel- und Futtergesetzes des Bundes, die einen solchen Pranger vorsehe, sei bereits 2013 von Verwaltungsgerichten gestoppt worden. Derzeit sei die Bestimmung Gegenstand eines Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht. dpa/nd

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