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LINKE will Ostgeschichte neu schreiben
Ziel ist Modernisiererpartei für selbstbewusste Ossis
Berlin. Spätestens mit dem besonderen Erfolg der AfD im Osten Deutschlands ist die Debatte über dessen Ursachen und damit über die Lebensverhältnisse in den sogenannten neuen Bundesländern zurückgekehrt. Am Wochenende meldete sich dazu auch der einstige Ostbeauftragte einer Bundesregierung zu Wort. Wolfgang Tiefensee, Wissenschaftsminister der rot-rot-grünen Landesregierung in Thüringen, forderte eine sichtbare personelle Beteiligung Ostdeutschlands an der nächsten Bundesregierung und legte einen Sechs-Punkte-Plan vor, in dem er von der künftigen Bundesregierung mehr Engagement bei der Förderung des Ostens verlangt.
Die im einzelnen enthaltenen Forderungen Tiefensees ähneln denen in einem Papier der LINKEN, das deren Fraktionsführungen in Bund und Ländern ebenfalls am Wochenende in Erfurt beschlossen. Die Förderung strukturschwacher Regionen, Ausbau der Breitbandversorgung, ein Einwanderungsgesetz zur Bekämpfung des Fachkräftemangels oder die Stärkung Ostdeutschlands als Hochschul- und Forschungsstandort sowie Investitionserleichterungen in den neuen Ländern, die Tiefensee als Schlüsselbereiche im Aufholprozess des Ostens gegenüber dem Westen betrachtet, sind Schlüsselthemen auch für die Linkspolitiker in ihrem Aktionsplan Ost.
Die Bundesrepublik sei »weiterhin sozial, ökonomisch und kulturell zwischen Ost und West gespalten. Die Fakten in den Bereichen Einkommen, Altersarmut oder Kinderarmut belegen das«, erklärte Bundestagsfraktionschef Dietmar Bartsch laut Agenturen. Der dem Linkspapier zugrunde gelegte politische Ansatz versucht jedoch nebenher auch die Frage nach dem Bedeutungsverlust der LINKEN in den östlichen Bundesländern zu beantworten. In einer Aktivierung der Zivilgesellschaft, die auf einem ostdeutschen Selbstwertgefühl basieren kann, sieht das Papier eine Möglichkeit, diesen aufzuhalten und zugleich die Chance, den Einfluss der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD) im Osten zurückzudrängen.
»Offenheit oder Abschottung, Solidarität oder Egoismus - das ist (materiell wie immateriell) stets die Kernfrage«, heißt es in dem Aktionsplan. Und erläuternd wird hinzugefügt, dass die LINKE den mit Digitalisierung und Globalisierung einhergehenden dynamischen Wandel auf allen Gebieten mit der sozialen Frage verbinde und damit seine »Potenziale auch für die Lösung sozialer Fragen ansteuert und ausschöpft«.
Neben zahlreichen Maßnahmen zur Ankurbelung der seit Jahren stagnierenden Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West, darunter auch der finanziellen Benachteiligung von Kommunen, wird auf eine Überarbeitung des Geschichtsbildes in Ostdeutschland Kurs genommen. Dabei gehe es nicht nur um die Zeit vor 1989, sondern auch um die seither »im Zuge der Transformation erbrachten und teils auch verweigerten Lebensleistungen«. Die LINKE werde sich im Bundestag »für eine Enquetekommission einsetzen, die diese tiefen Einschnitte im Leben Millionen Ostdeutscher aufarbeitet und die damaligen Politikansätze und Institutionen wie die Treuhand überprüft«. So gelte es, Gehalt und Wirkungen des Einigungsvertrages zu untersuchen, auch im Hinblick auf vernachlässigte oder ignorierte Ansprüche von Ostdeutschen in der Umsetzung des Vertrages.
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