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Mit der Klage gegen Blogger schneidet sich die AfD ins eigene Fleisch

Solidaritätskampagne sammelt fast 50.000 Euro, um einen Berliner im juristischen Kampf gegen die Rechtsaußenpartei zu unterstützen

  • Niklas Franzen
  • Lesedauer: 3 Min.

Nathan Mattes könnte man als Sammler bezeichnen. Der 25-Jährige Berliner sammelt jedoch keine Bierdeckel, Feuerwehrautos oder Magic-Karten, sondern besonders pikante Originalzitate der AfD. Auf seiner Homepage wir-sind-afd.de dokumentiert Mattes seit 2015 Entgleisungen der Partei. Kostprobe: «Diese Kümmelhändler, diese Kameltreiber sollen sich dorthin scheren, wo sie hingehören. Weit, weit, weit hinter den Bospurus.» Das sagte der Vorsitzende der AfD-Sachsen Anhalt, André Poggenburg. Oder der prominente, thüringische Rechtsausleger Björn Höcke: «Die »Evolution hat Afrika und Europa – vereinfacht gesagt – zwei unterschiedliche Reproduktionsstrategien beschert.«

Im Gespräch mit dem »nd« erzählt Mattes von seiner Idee. Im Vorfeld der Landtagswahlen in Baden-Württemberg 2015 überlegte er: Wie kann ich mich gegen die Partei engagieren? Ihm kam der Gedanke, die Partei für sich selbst sprechen zu lassen. »Wir wollten Menschen zeigen, die mit dem Gedanken spielten diese Partei zu wählen, was für eine rassistische und menschenverachtende Gesinnung sich bei vielen Politikern versteckt.« So entstand die Website.

Der AfD gefiel das nicht. Seit Mai 2017 klagt die Partei vor dem Landgericht Köln und fordert, die Domain aufzugeben. Der Vorwurf: Mattes würde sich den Namen der Partei »anmaßen«. So würde eine »Namesverwirrung« entstehen. Mattes kontert: Er lege auf der Homepage offen, dass er die AfD für eine »rechtsextreme, rassistische und menschenverachtende Partei« halte und eigne sich den Namen deshalb nicht an. Er entschied sich dagegen, die Homepage aufzugeben. Es kam zum Rechtsstreit – den Mattes verlor. Das Landgericht Köln entschied am 6. Februar zugunsten der AfD. Nun hat Mattes die Abmahnkosten und die Anwalts- und Gerichtskosten in Höhe von 9400 Euro zu tragen.

Ob er in Berufung geht, weiß der Netzaktivist noch nicht. Die letzten Wochen hätten »viel Kraft gekostet«. In sozialen Netzwerken wurde er beschimpft, eingeschüchtert und bedroht. Ein User schickte ihm ein Foto von seinem Klingelschild. Allerdings war auch die Solidarität groß. Anwält*innen, Aktivist*innen und Bekannte unterstützen den AfD-Gegner. Eine Freundin startete eine Spendenkampagne, um die Prozesskosten zu begleichen. Mittlerweile sind fast 50.000 Euro zusammengekommen. Das nicht für den Rechtsstreit benötigte Geld wird zur Hälfte an den Sea-Watch e.V. und die Flüchtlingspaten Syrien e.V. gespendet. Oder wie es im Aufruf der Kampagne heißt: »Projekte, die der AfD nicht gefallen«.

Für Mattes habe sich die Partei mit ihrer Klage »ins eigene Bein geschnitten«. Denn: Die Aufmerksamkeit habe die Werbetrommel für seine Website gerührt. Für den Fall, dass er seine Homepage vom Netz nehmen muss, hat er sich schon mehrere alternative Domains gesichert.

Dort wird er auch weiterhin Zitate hochladen, denn für ihn ist klar: Die AfD ist keine normale konservative Partei, sondern »steht für Hass, Ausgrenzung und Rassismus.«

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