Von der Commerzbank ins Rathaus

Jan van Lessen will Oberbürgermeister von Brandenburg/Havel werden - SPD, LINKE und Grüne unterstützen ihn

  • Rochus Görgen
  • Lesedauer: 3 Min.

Gleich zwei Themen haben in jüngster Zeit die Menschen in der Stadt Brandenburg/Havel polarisiert, und das dürfte sich jetzt bei der Oberbürgermeisterwahl auswirken. Die inzwischen in den Bundestag gewechselte Oberbürgermeisterin Dietlind Tiemann (CDU) war die Speerspitze gegen die von der rot-roten Landesregierung geplante Kreisgebietsreform. Wegen des heftigen Widerstands blies Rot-Rot die Reform am Ende ab.

Dann wurde in Brandenburg/Havel noch emotional über die Hotelbebauung des Packhofgeländes in der Innenstadt diskutiert. Eine Bürgerbefragung machte die Pläne der Stadt schließlich zunichte. Bei der Oberbürgermeisterwahl am kommenden Sonntag treten Wortführer des Streits um das Packhofgelände nun gegeneinander an. Die CDU, die klar stärkste Kraft im Stadtparlament ist, schickt den Kämmerer Steffen Scheller ins Rennen. Als »Kronprinz« von Dietlind Tiemann hat er bereits jetzt kommissarisch die Leitung der Stadtverwaltung übernommen.

SPD, LINKE und Grüne unterstützen dagegen den parteilosen Kandidaten Jan van Lessen. Als früherer Sprecher der Bürgerinitiative gegen die Pläne der Stadtverwaltung für das Packhofgelände möchte er eine Alternative zum etablierten Politikbetrieb sein.

Rund 60 800 Wahlberechtigte dürfen ihre Stimme abgeben. Der Sieger muss wie bei den Landratswahlen mindestens 15 Prozent der Stimmen aller Wahlberechtigten auf sich vereinen, damit die Wahl gilt. Bei den Landratswahlen gelingt dies wegen geringer Wahlbeteiligung häufig nicht. Bei Oberbürgermeisterwahlen in den kreisfreien Städten hat es jedoch in der Vergangenheit immer geklappt.

CDU-Kandidat Scheller steht vor allem für Kontinuität. »Die Verwaltung soll unter meiner Führung noch moderner und bürgernäher arbeiten und die Kooperationen mit anderen Kommunen werde ich weiter vertiefen«, kündigt der 48-Jährige an. Ex-Bürgermeisterin Tiemann unterstützt ihn nach Kräften. Sie würde ihn wählen, »weil er ein kluger, junger Mann ist«, sagt sie in einem Werbevideo.

Der parteilose Kandidat van Lessen könnte dagegen frischen Wind in die Verwaltung bringen, wie es SPD-Generalsekretär Erik Stohn formuliert. Der LINKE-Kreisvorsitzende Andreas Kutsche sagt: »Wir brauchen keinen Kapitän, der allein entscheidet, das ist die ewige CDU-Denke. Wir brauchen für unsere Stadt einen Oberbürgermeister mit Format, der mit den Bürgerinnen und Bürgern diese unsere Stadt entwickelt.« Der richtige Mann dafür sei Jan van Lessen.

Van Lessen selbst kündigte an, er wolle durch eine Entschuldung der Stadt Handlungsspielräume zurückgewinnen. »Denn ohne Entschuldung gibt es keine langfristige Unabhängigkeit.«

Brandenburg/Havel hat viele Probleme. Die Schulden pro Kopf sind ähnlich hoch wie bei den kreisfreien Städten Cottbus und Frankfurt (Oder), die Arbeitslosigkeit lag mit zuletzt 9,6 Prozent im Januar deutlich über dem Landesdurchschnitt und von dem Boom im Berliner Speckgürtel kann die Stadt wegen ihrer Lage westlich von Potsdam bislang noch kaum profitieren. dpa/nd

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