Bundesregierung stärkt Ankara den Rücken

Während die türkische Syrien-Invasion toleriert wird, übt Berlin an Damaskus scharfe Kritik

  • René Heilig
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Einmarsch der Türkei in Syrien wird offenbar von Parteien anders bewertet als von der Bundesregierung. Die, so wurde am Mittwoch im außenpolitischen Ausschuss des Bundestages deutlich, drückt sich davor, die Militäroperationen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan als Bruch des Völkerrechts einzustufen. Sie schließt sich Ankaras Position an, laut der man sich - gemäß Artikel 51 UN-Charta - gegen einen äußeren Angriff der kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) verteidige.

Die Abgeordneten dagegen verwiesen darauf, dass Ankaras Angriffe auf die YPG zumindest unverhältnismäßig sind. So sieht das auch der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU im Bundestag, Jürgen Hardt. Er sagte im Deutschlandfunk, die türkische Regierung sei gut beraten, sich rasch zurückzuziehen und sich auf die Kontrolle der Grenze zu Syrien zu konzentrieren. Er regte an, dass der NATO-Rat zusammentritt, um die Lage zu beraten.

Einen Schritt weiter geht der Außenpolitiker der Linksfraktion Stefan Liebich. Er verlangt von der Bundesregierung, dass sie nach Artikel 4 des NATO-Vertrages eine rasche außerordentliche Sitzung des Gremiums fordert. In jenem Passus heißt es: »Die Parteien werden einander konsultieren, wenn nach Auffassung einer von ihnen die Unversehrtheit des Gebiets, die politische Unabhängigkeit oder die Sicherheit einer der Parteien bedroht ist.« Liebich begründet seine Forderung mit der Gefahr, dass die NATO-Mitglieder Türkei und USA gegeneinander in Kämpfe verwickelt werden könnten. Denn nach wie vor stehen die USA - mit eigenen Soldaten vor Ort - zu den YPG-Einheiten, die sie für den Kampf gegen den Islamischen Staat ausgebildet und ausgerüstet haben. Zudem besteht die Gefahr, dass die Türkei mit Syrien, das von Russland unterstützt wird, in kriegerische Handlungen verwickelt wird, da regierungstreue Einheiten der kurdischen Miliz zu Hilfe eilen.

Eine Befassung nach den Artikeln 4 und 5 des NATO-Statuts hatte die Türkei 2012 beantragt, als sich Ankara durch vereinzelten syrischen Artilleriebeschuss bedroht sah. Damals standen die anderen 27 NATO-Staaten der verbündeten Türkei bei. Deutschland stationierte sogar »Patriot«-Flugabwehrraketen nahe der Grenze zu Syrien.

Initiativ wurde die Bundesregierung am Mittwoch dagegen gegen Syrien, dessen Luftwaffe weiter Rebellenstellungen in der östlich von Damaskus gelegenen Ghuta angreift. Regierungssprecher Steffen Seibert bezichtigte die Armee, sie enthalte »den leidenden Menschen dort systematisch Nahrungsmittel vor, Medikamente, medizinische Ausrüstung«. Ziel sei es, »die Rebellen, die dieses Gebiet kontrollieren, zur Aufgabe zu zwingen oder sie zu vernichten«. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat Zugang zur Rebellenenklave verlangt. Es müsse erlaubt werden, die Verwundeten in dem Kampfgebiet zu versorgen, sagte am Mittwoch die Leiterin der IKRK-Delegation in Syrien, Marianne Gasser. Seite 8

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