»Weinerliche Opferrolle« der AfD

CDU und FDP diffamieren Linkspartei bei Aktueller Stunde zum rechten »Frauenmarsch«

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

»Ihnen geht es nicht um Frauenrechte oder das Versammlungsrecht, sondern ausschließlich um die Bestätigung Ihrer vermeintlichen Opferrolle«, diese Worte richtet Sven Kohlmeier am Donnerstag an die Mitglieder AfD-Fraktion im Abgeordnetenhaus. »Das ist peinlich, genau wie die Aktuelle Stunde, die sie angemeldet haben«, so der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion weiter.

»Demonstrationsrecht in Berlin in Gefahr! Machen Grüne und Linke gemeinsame Sache mit Linksextremisten?«, so der Titel der von der AfD beantragten Besprechung. Anlass war die Blockade des von Parteimitglied Leyla Bilge angemeldeten sogenannten Frauenmarsches von Kreuzberg bis zum Kanzleramt. Am Checkpoint Charlie war für die Demo Schluss, zu viele Gegendemonstranten blockierten den Zug. Darunter unter anderem der LINKEN-Politiker Hakan Taş sowie die Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele und Canan Bayram.

»Wir haben erlebt, wie Vertreter der Regierungsparteien gemeinsam mit Linksextremisten eine rechtmäßige und friedliche Demonstration blockiert haben«, beklagt Jeannette Auricht, Gleichstellungsexpertin der AfD-Fraktion. Eine »Schande für Berlin, aber typisch für die Zustände in dieser Stadt und dieser Regierung« sei die Blockade gewesen. Vor diesen Feststellungen lässt sie die übliche Tirade los gegen »toleranzbesoffenen Buntheitswahn« und Frauenschutzzonen, die inzwischen »traurige Realität auf jedem Volksfest« seien. Im Übrigen seien »lächerliche Kampagnen wie MeToo und ›Nein heißt Nein‹« sowieso nur inszeniert.

»Eine Demonstration von vielen Männern und wenigen Frauen« sei der sogenannte Frauenmarsch durch Berlin gewesen, stellt Kohlmeier trocken fest. Die AfD versuche sich wieder in der »weinerlichen Opferrolle« zu inszenieren. »Die Straftäter in der Politik finden sich nicht in den Reihen der LINKEN und der Grünen, sondern in den Reihen der AfD«, ruft der SPD-Politiker in Erinnerung und nennt die zahlreichen Verfahren, die derzeit gegen Vertreter der rechten Partei bundesweit laufen.

CDU-Innenexperte Burkard Dregger setzt Linkspartei und AfD gleich: »Warum müssen wir uns mit den mangelhaften Umgangsformen der politischen Randgruppen beschäftigten?«, fragte er. Für »Animositäten der Abgeordneten der AfD und der LINKEN« werde wertvolle Zeit verplempert.

Es gehe bei den rechten Demonstranten des »Frauenmarsches« nicht um Faschisten nach bürgerlicher Definition, gibt FDP-Fraktionsvize Holger Krestel zum Besten. Der linke Rand sehe alle als Faschisten, »die sich nicht dem marxistisch-leninistischen Weltbild unterordnen«, erklärt der Nationalliberale in seinem etwas wirren Vortrag, für den er Beifall vor allem von der AfD erntet.

Rund 5000 Versammlungen pro Jahr liefen weitgehend störungsfrei, setzt Grünen-Innenexperte Benedikt Lux an. »Wir reden jetzt über eine Versammlung, die ein Drittel der Wegstrecke zurücklegen konnte und sich dann selbst aufgelöst hat.« Diese eine Veranstaltung mache 0,0002 Prozent aller Demonstrationen aus. »Daraus machen Sie die Überschrift ›Demonstrationsrecht in Gefahr‹. In welcher Welt leben Sie eigentlich?«, will Lux von der AfD wissen.

»Trotz bundesweiter Mobilisierung haben Sie nicht genug Leute zusammenbekommen, um einen Marsch durch das bei Ihnen verhasste Kreuzberg durchzuziehen«, stellt Anne Helm von der LINKEN befriedigt fest. Zu Frauenrechten habe sie im Parteiprogramm der AfD übrigens keine einzige Zeile gefunden, sagt die Sprecherin der Linksfraktion für Strategien gegen Rechts und erinnert an die zahlreichen Rechtsextremisten, die an der Demo teilnahmen. Die Veranstaltung sei der Versuch gewesen, »Frauenrechte für rassistische Hetze zu missbrauchen«. Rednerpult und Lautsprecherwagen seien beispielsweise vom rassistischen »Bürgerbündnis Havelland« organisiert worden.

Innensenator Andreas Geisel (SPD) schlägt in die gleiche Kerbe: Unter den 850 Teilnehmern des rechten Frauenmarsches seien zahlreiche bekannte Rechtsextremisten gewesen. »Wir dürfen nicht zulassen, dass unsere Gesellschaft unter dem Deckmantel der Demokratie von diesen Kräften angegriffen wird«, so Geisel. Das Recht auf Versammlungsfreiheit umfasse auch das Recht auf abweichende Meinung, so der Senator weiter. Vorrangige Aufgabe der Polizei sei es, gegnerische Demonstranten zu trennen. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit der Mittel sei die Entscheidung der Polizei, die Blockade nicht aufzulösen, gesetzeskonform gewesen. »Die friedlichen Gegenproteste zum Schutz der Demokratie waren berechtigt und notwendig.«

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