- Brandenburg
- Paritégesetz
Das Reißverschlussprinzip
Grüne wollen per Gesetz erreichen, dass die Hälfte der Landtagsabgeordneten Frauen sind
Die Grünen würden gern per Gesetz erreichen, dass alle Landtagsfraktionen zur Hälfte aus Frauen bestehen. Der Grünen-Fraktion schwebt vor, dass bei der Aufstellung von Landeslisten zur Landtagswahl den Parteien die abwechselnde Besetzung der Listenplätze mit Frauen und Männern vorgeschrieben wird, also ein Reißverschlussprinzip. Das Paritégesetz soll symbolträchtig am 8. März, dem Internationalen Frauentag, in den Landtag eingebracht werden.
Der Landtag besteht aus 88 Abgeordneten. Die Hälfte von ihnen sind die Gewinner der 44 Landtagswahlkreise in Brandenburg, die andere Hälfte zieht über die Landeslisten ins Parlament ein. Die Grünen wollen, dass der Gleichheitsgrundsatz auch für die 44 Direktmandate »zum Tragen kommt«. Vorgeschlagen ist deshalb, das die Direktkandidaten künftig in »paritätisch besetzten Duos antreten«. Das heißt, es wird in jedem Wahlkreis jeweils ein Mann und eine Frau gewählt. Da sich die Zahl der Direktmandate aber nicht erhöhen soll, wird nach den Vorstellungen der Grünen die Zahl der Wahlkreise halbiert.
Der Frauenanteil im Landtag liege im Moment bei 38 Prozent, sagte am Dienstag die Abgeordnete Ursula Nonnemacher (Grüne). Der Anteil sei schon einmal höher gewesen. Nonnemacher verwies auf die vierte Wahlperiode mit 44,3 Prozent Frauenanteil und die fünfte mit knapp 40 Prozent. Man müsse »Vorgaben im Wahlgesetz machen«, meinte Nonnemacher. Sie erinnerte, dass die Landesverfassung den Gesetzgeber verpflichte, wirksame Maßnahmen zur Gleichstellung zu ergreifen. In Frankreich, Luxemburg, Kroatien, Irland, Belgien, Polen, Portugal, Slowenien, Spanien und Griechenland sei eine solche Regelung bereits durchgesetzt. Bei die Grünen gelte seit 1986 ein Frauenstatut, in dem die Mann-Frau-Parität festgehalten sei.
Der SPD-Abgeordnete Björn Lüttmann sagte, es sei die Frage, ob die wünschenswerte Erhöhung des Frauenanteils in Form eines Gesetzes befördert werden müsse. Auf jeden Fall sollte die Debatte nicht enden, meinte Lüttmann. Für die SPD sei die Initiative nicht so gravierend, denn »wir haben de facto eine ausgeglichene Fraktion«. Die SPD-Landesliste werde paritätisch besetzt.
Die Linkspartei verfährt genauso. Die Linksfraktion setzt sich für wirksame Maßnahmen zur Erhöhung des Frauenanteils in der Politik ein und beantragt zu diesem Thema eine Aktuelle Stunde des Landtags. Von 88 Abgeordneten im Landtag seien nur 34 weiblich, bedauerte am Dienstag Diana Bader, frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion. Im Bundestag seien es sogar nur 32 Prozent. Noch geringer sei mit wenig mehr als 32 Prozent der Frauenanteil in den brandenburgischen Kommunalvertretungen. Außerdem gebe es in Brandenburg nur eine Landrätin - das ist Kornelia Wehlan (LINKE) in Teltow-Fläming - und nachdem Dietlind Thiemann (CDU) in den Bundestag wechselte - auch keine Oberbürgermeisterin mehr. Tiemann war Oberbürgermeisterin der Stadt Brandenburg/Havel gewesen.
Bei den aktuellen Bürgermeisterwahlen hat die LINKE in den meisten Fällen Männer nominiert oder Männer unterstützt. Eine Ausnahme ist Silke Voges, die von der Linkspartei ins Rennen um den Bürgermeisterposten in Erkner (Oder-Spree) geschickt wurde. Voges hat es in die Stichwahl am 4. März geschafft. Bader zufolge besteht mit einem geringen Frauenanteil auch die Gefahr, dass die spezifischen Fraueninteressen nicht vertreten werden. Bader zitierte die einstige britische Premierministerin Margaret Thatcher, wonach Männer in der Politik mehr reden und Frauen handeln. Thatcher war freilich eine Symbolgestalt des Neoliberalismus und des Sozialabbaus. Aber das sie hier als Stichwortgeberin fungiere, bedeute nicht, dass die LINKE sich hinter Thatchers Politik stelle, versicherte Linksfraktionsgeschäftsführer Thomas Domres. Zu der Initiative der Grünen-Fraktion bemerkte Domres, es sei offen beziehungsweise nicht sicher, ob Parteien zu einer kompletten Quotierung tatsächlich gezwungen werden können. Sämtliche Vorstöße in anderen Bundesländern hätten da eher die Landeslisten im Visier. Das sei »noch am ehesten machbar«.
Die Abgeordnete Barbara Richstein (CDU) wandte sich gegen den Vorschlag der Grünen. Sie könne dem wenig abgewinnen, weil nun einmal die Wahlfreiheit gelte und diese nicht dadurch eingeschränkt werden dürfe, dass der Bewerber »das falsche Geschlecht« habe, bemerkte Ex-Justizministerin Richstein.
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