Zoff auf der Arbeitnehmerbank
Die Gewerkschaft der Flugbegleiter UFO macht ver.di den Vize-Vorsitz im Aufsichtsrat der Lufthansa streitig
Bislang hatte die DGB-Dienstleistungsgewerkschaft ver.di im Lufthansa-Aufsichtsrat fünf der zehn Arbeitnehmersitze inne. Jeweils zwei Mandate wurden durch Vertreter von UFO und der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) ausgefüllt. Der zehnte Sitz ist gemäß Mitbestimmungsgesetz stets für die Gruppe der Leitenden Angestellten reserviert. UFO und VC haben als Berufsgewerkschaften einen hohen Organisationsgrad beim fliegenden Personal, also Flugbegleiter und Piloten, während ver.di vor allem beim Bodenpersonal in den Bereichen Technik, Verwaltung, Cargo und Dienstleistungen Hochburgen hat. Hier ist UFO nicht vertreten und stand auch nicht auf den Stimmzetteln.
Die in anderen Fragen eher konkurrierenden Gewerkschaften ver.di und Cockpit ziehen an dieser Stelle an einem Strang. Sie haben eine gemeinsame Liste für die Wahl der drei externen Gewerkschaftsvertreter aufgestellt. Auf diesem Wahlvorschlag besetzt ver.di die Plätze eins und drei und Cockpit Platz zwei. UFO hingegen tritt mit einer eigenen Liste an. Weil die Mitglieder der Vertreterversammlung das letzte Wort haben, zeigen sich die Akteure im Vorfeld der Zusammenkunft auf nd-Anfrage wortkarg und zurückhaltend. Zur Höhe der Tantiemen für Aufsichtsratsmitglieder wollte ein Lufthansa-Sprecher keine Angaben machen.
Es ist in der deutschen »Mitbestimmungskultur« üblich, dass ranghohe Gewerkschaftsvertreter in Konzernaufsichtsräten bei einer paritätischen Besetzung den Vize-Vorsitz übernehmen. Dieser Posten wurde bei der Lufthansa früher von ver.di-Chef Frank Bsirske und seit einiger Zeit von der ver.di-Fachbereichsleiterin für Verkehr, Christine Behle, besetzt. Nach der schwachen Mobilisierung von UFO-Mitgliedern bei der Briefwahl im Bereich fliegendes Personal hat Behle aber nun offenbar Chancen auf eine Wiederwahl.
In UFO-Kreisen begründet man den Anspruch auf einen stärkeren Einfluss im Konzernaufsichtsrat mit Kritik an einem vermeintlichen »Schmusekurs« von ver.di in Tarifauseinandersetzungen gegenüber dem Lufthansa-Management. Die Orientierung von Lufthansa auf radikale Kostensenkungen sei angesichts eines Jahresüberschusses von drei Milliarden Euro nicht nachvollziehbar. Die Lufthansa ist seit zwei Jahrzehnten voll privatisiert und zunehmend dem Renditedruck von Großaktionären ausgesetzt. In ver.di-Kreisen weist man die Vorwürfe als »nicht haltbar« zurück und bescheinigt eher UFO »sehr moderate Tarifabschlüsse« bei Löhnen und Altersversorgung.
Den UFO-Vertretern missfällt zudem, dass in vielen Unternehmensbereichen die Einheitsliste von ver.di und Cockpit faktisch als einzige offizielle Gewerkschaftsliste für die Vertreterversammlung auf den Stimmzetteln stehe und UFO als Spartengewerkschaft für die Kabine dort gar nicht antreten dürfe.
Um künftig stärker im Aufsichtsrat vertreten zu sein, geht von UFO-Funktionären mittlerweile die Initiative zur Gründung einer Branchengewerkschaft für die Luftfahrt aus. Unter dem Dachverband »Industriegewerkschaft Luftverkehr« (IGL) firmieren neben UFO auch bisher kaum in Erscheinung getretene Organisationen wie die Arbeitnehmergewerkschaft im Luftverkehr (AGiL) und die Technikgewerkschaft Luftfahrt (TGL). AGiL und TGL bemühen sich jetzt um verstärkte Aufmerksamkeit. Sie gelten bislang als nicht tariffähig, haben noch keinen Gewerkschaftsstatus und machen keine Angaben zu ihrer Verankerung oder Mitgliederzahl. Ihr wesentlicher Daseinszweck liegt offenbar darin, eine wie auch immer geartete Konkurrenz zu ver.di beim Bodenpersonal zu repräsentieren. Ver.di zeigt sich dennoch gelassen: »Wenn wir weiterhin gute Arbeit machen, wird diese Leistung am Ende des Tages auch anerkannt«, sagt ein ver.di-Sekretär auf nd-Anfrage.
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