Dieser Tag »würdigt Antisemiten«

Jüdische Gemeinden in Niedersachsen gegen gesetzlichen Feiertag am 31. Oktober

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Hamburg und Schleswig-Holstein haben den 31. Oktober, den Tag der Reformation, bereits mehrheitlich als neues schul- und arbeitsfreies Datum festgelegt. In Bremen ist eine gleichlautende Entscheidung zu erwarten, in erster Lesung hat sich die Bürgerschaft schon für jenes Novum im Feiertagskalender ausgesprochen. In Niedersachsen aber gibt es dazu bislang nicht einmal einen Gesetzentwurf. Dennoch wurde die Sache am Donnerstag dort im Landtag erörtert, auf Antrag der Grünen, die einen weltlichen Feiertag wollen.

Dazu biete sich entweder der Internationale Frauentag am 8. März an oder aber der Europatag am 9. Mai, empfahl Anja Piel, Fraktionsvorsitzende der Ökopartei. Ein neuer Feiertag solle keinen religiösen Hintergrund haben, denn ein solcher könne Menschen ausgrenzen, die eine andere oder gar keine weltanschauliche Bindung haben, so die Meinung der Grünen. Sie sind sauer, dass sich die Regierungschefs von Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen schon unlängst auf den Tag der Reformation als zusätzlichen Feiertag im Norden geeinigt haben. »Im Hinterzimmer«, wie Anja Piel monierte. So eine Sache aber gehöre ins Parlament, und der Entscheidung dort müsse ein »transparentes und umfassendes Diskussions- und Beteiligungsverfahren« vorangehen.

Gleichfalls verstimmt über »die Vorfestlegung« eines Datums zeigte sich der Fraktionschef der FDP, Stefan Birkner. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) laufe seit Monaten mit dem 31. Oktober durch die Gegend, doch es werde seitens der Landesregierung »vorgegaukelt«, dass es eine ergebnisoffene Debatte gebe. Die Liberalen allerdings, das tat Birkner kund, lehnen einen neuen Feiertag generell ab.

Gegenwind für die Grünen gab es von Jens Nacke, dem Parlamentarischen Geschäftsführer der CDU: »Sie wollen einen weltlichen Feiertag festlegen - wo bleibt da die von Ihnen geforderte offene Diskussion?«, fragte er Anja Piel. Den 31. Oktober verteidigte der Unionsmann mit dem Hinweis, die Reformation habe schließlich nicht allein Auswirkungen auf die Religion gehabt, sondern nicht zuletzt in der Auseinandersetzung mit den Mächtigen jener Zeit »auf die Entwicklung des Kontinents«. Und: Der angestrebte Feiertag sei »kein Martin Luther-Gedenktag«.

Das sehen die jüdischen Gemeinden in Niedersachsen offenbar ganz anders. Ihr Präsident Michael Fürst, gab jetzt in einem Gespräch mit der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung zu bedenken, dass ein Feiertag favorisiert werde, »der ausgerechnet einen Antisemiten wie Martin Luther würdigt«. Mit dieser Kritik stünden die Gemeinden nicht allein. Auch die Katholiken und die Humanisten hätten Bedenken geäußert. Aber über all das setze sich die Landesregierung unbekümmert hinweg. »Wir werden aber weiter dafür kämpfen, dass dieser Tag nicht so ein schöner Tag wird, wie sich die Regierung das vorstellt«, betonte Fürst.

Wer den 31. Oktober zum Feiertag erkläre, so der Präsident weiter, »muss mit unserem Protest rechnen«. Die jüdischen Gemeinden würden vermutlich an jenem Tag »Aktionen machen, die den Protestanten gar nicht gefallen«.

Der Landtag indes hat das Thema zur weiteren Behandlung in den Innenausschuss verwiesen. Und Ministerpräsident Weil kündigte an: Man werde sich in der nächsten Kabinettssitzung mit einem Gesetzentwurf zum neuen Feiertag befassen.

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