Freie Bahn für Vucic

Serbiens Staatschef nach kommunalen Sieg seiner SNS in Belgrad fest im Sattel

  • Thomas Roser, Belgrad
  • Lesedauer: 2 Min.

Nur die Sieger der Wahlschlacht um Belgrad haben Grund zur Freude verspürt. Mit mitternächtlichen Feuerwerkskaskaden feierte Serbiens regierende SNS ihren Triumph bei den Kommunalwahlen am Sonntag in der Hauptstadt - und den 48. Geburtstags ihres Zugpferds. Mit zufriedener Miene nahm Staats- und Parteichef Aleksandar Vucic die Glückwünsche zum Sieg bei dem zur Richtungswahl hochstilisierten Kampf um das Belgrader Rathaus entgegen. Die Opposition habe gegen ihn, »statt für die Stadt gekämpft«, höhnte das Geburtstagskind in Richtung seiner demoralisierten Rivalen.

Tatsächlich sitzt Serbiens »Dominator« nach dem SNS-Triumph in der einstigen Oppositionshochburg noch fester als zuvor im Sattel. Seine SNS erhielt 45,7 Prozent der Stimmen, der sozialistische Koalitionspartner SPS kam auf 6,3 Prozent, während die zersplitterte Opposition zum Opfer ihrer eigenen Uneinigkeit wurde. 20 von 24 angetretenen Parteien und Wahllisten scheiterten klar an der Fünfprozenthürde: Gut ein Viertel der abgegebenen Stimmen ging verloren. Nur die Listen des früheren Bürgermeister Dragan Djilas (18,7 Prozent) und des Bürgermeisters von Neu-Belgrad, Aleksandar Sapic (8,2 Prozent), schafften aus der Opposition heraus den Einzug in den Stadtrat.

Dabei schienen die Bedingungen zumindest für einen Achtungserfolg keineswegs schlecht. In der Hauptstadt ist die SNS traditionell schwächer als im Rest des Landes. Die SNS-Stadtverwaltung machte in den letzten vier Jahren vor allem durch Vetternwirtschaft und ständige Skandale Schlagzeilen. Zu Recht klagt die Opposition nach dem Debakel über unfaire Wahlbedingungen, Medienboykott, Stimmenkauf und eine beispielslose Hetzkampagne. Doch ihre Schlappe hat sie sich vor allem selbst zuzuschreiben. Statt mit einer gemeinsamen Wahlliste der übermächtigen SNS zu trotzen, zerlegte sich die Opposition in kleinlichem Streit. Allein die lange dominierende und nun kläglich mit 2,1 Prozent gescheiterte DS zog mit fünf Ablegern in die Wahl.

Viele Sympathisanten waren schon vorab restlos bedient: Für den von der Opposition erhofften Machtwechsel blieb die Wahlbeteiligung mit 51 Prozent weit unter den Erwartungen. Da auch die SNS-Konkurrenten auf dem rechten Flügel wie die ultranationalistische SRS von Vojislav Seselj oder die rechtsklerikale Dveri klar an der Fünfprozenthürde strauchelten, hat Solist Vucic nun nicht nur für Kompromisse im EU-verordneten Zwangsdialog mit Kosovo freie Bahn.

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