Angriff auf das liberale Bangladesch
Messerattacke auf Physiker und Zafar Iqbal
In Bangladesch ist am Sonnabend ein bekannter linksliberaler Hochschullehrer und Schriftsteller mit einem Messer attackiert worden. Muhammad Zafar Iqbal, bekannt für sein Eintreten gegen religiösen Extremismus und Intoleranz, ist nach Angaben der Ärzte außer Lebensgefahr.
Während einer Robotervorführung an der SUST-Universität stach ein junger Mann von hinten auf den Wissenschaftler ein. Die Hochschule liegt auf einem mit diversen höheren Bildungseinrichtungen bestückten Gelände außerhalb von Sylhet im Norden des Landes, wo Iqbal lehrt und forscht. Weil er in der Vergangenheit schon mehrfach Morddrohungen erhalten hatte, stand Iqbal unter besonderen Schutzmaßnahmen.
Der verletzte Physiker blieb laut Augenzeugenberichten bei Bewusstsein, gab seinen schockierten Studenten sogar weitere Anweisungen. Zunächst wurde er in die medizinische Fakultät der Universität gebracht, die auch über ein angeschlossenes Krankenhaus verfügt, danach per Hubschrauber in die Militärklinik CMH in die Hauptstadt Dhaka überführt. Diese Entscheidung erfolgte Berichten zufolge auf Anweisung von Premierministerin Sheikh Hasina Wajed. Momentan sei Iqbal stabil und außer Gefahr.
Was genau hinter dem Attentat steckt, ist noch unklar. Die Sicherheitsbehörden haben den von den Studenten unmittelbar nach der Tat überwältigten und zusammengeschlagenen Angreifer zunächst auch in ein Krankenhaus bringen lassen, wollen ihn später intensiver vernehmen. Seine Identität ist aber bekannt, er hat eine Madrassa (Koranschule) besucht, könnte dort mit extremistischem Gedankengut in Kontakt gekommen sein.
Zafar Iqbal gilt als begnadeter Hochschullehrer, der unter seinen Studenten äußerst beliebt ist. Neben seiner Lehrtätigkeit an der SUST schrieb er auch Science-Fiction-Romane, die den heute 65-Jährigen landesweit bekannt gemacht hat. Darüber hinaus ist der Wissenschaftler ein politisch engagierter Mensch, der immer wieder für die Ideale der säkularen Basis der bangladeschischen Gesellschaft eintrat. Diese ist in dem mehrheitlich muslimisch geprägten Land, in dem es aber auch prägnante Minderheiten beispielsweise von Hindus und Christen gibt, zunehmend in Gefahr.
Wiederholt haben in den vergangenen Jahren Attacken radikalislamischer Gruppen auf liberale Vordenker für Schlagzeigen gesorgt. Am 12. Mai 2015 war - ebenfalls in Sylhet - der säkulare Blogger Ananta Bijoy von einem Angreifer mit einer Machete getötet worden. Im Februar zuvor war der Moderater Avijit Roy Opfer einer ähnlichen Attacke geworden.
Während diese und weitere Attentate nur kurzzeitig den Blick auf das südasiatische Land lenkten, gingen die Schreckensbilder vom 1. Juli 2016 rund um die Welt: Fünf Terroristen hatten die Holey Artisan Bakery, ein beliebtes Lokal in einem wohlhabenden Viertel der Hauptstadt Dhaka, überfallen. Nach zwölf Stunden Belagerung durch die Sicherheitskräfte waren von den Tätern als Geiseln genommenen Restaurantinsassen 22 tot, darunter 18 Ausländer.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.