Die märkische FDP braucht Tegel
Am 24. März soll eine Volksinitiative für die Offenhaltung des Berliner Airports starten
»Nur mit vier Start- und Landebahnen können wie der Attraktivität des Standorts Berlin gerecht werden«, ist Sebastian Czaja überzeugt. Er ist FDP-Fraktionschef im Berliner Abgeordnetenhaus und meint die zwei Start- und Landebahnen des brandenburgischen Flughafens Schönefeld und die zwei Start- und Landebahnen des Berliner Flughafens Tegel. Eigentlich soll der Airport Tegel schließen, wenn der neuen Hauptstadtflughafen BER in Schönefeld endlich eröffnet. Doch Czaja möchte, dass Tegel auch danach in Betrieb bleibt. Er hat in Berlin schon einen Volksentscheid für die Offenhaltung von Tegel zum Erfolg geführt. 56,4 Prozent stimmten damals dafür. Allerdings war dieses Ergebnis rechtlich nicht bindend. Aber das Volksbegehren und der parallel zur Bundestagswahl 2017 abgehaltene Volksentscheid waren ein Wahlkampfschlager der Hauptstadt-FDP.
Nachdem es in Berlin so erfolgreich war, werde die brandenburgische FDP »etwas aufziehen« und sich »da draufsetzen«, erklärt der FDP-Landesvorsitzende Axel Graf Bülow am Montag.
Es wird nun eine Volksinitiative »Brandenburg braucht Tegel« starten. Am 24. März soll um 10 Uhr auf dem Marktplatz in Kleinmachnow und zeitgleich in der Brandenburgischen Straße in Potsdam offiziell mit dem Sammeln der Unterschriften begonnen werden. Die Frage an die Bürger lautet: »Sind Sie dafür, den Verkehrsflughafen Berlin-Tegel offenzuhalten?« Um die Kampagne zu koordinieren, wurde der Verein »Brandenburg braucht Tegel« gegründet. Er hat zehn Mitglieder. Mehr werden dafür nicht benötigt, erläutert der Vereinsvorsitzende Lars Lindemann, der FDP-Mitglied ist. Lindemann erwartet, dass es überhaupt kein Problem sein wird, die in der ersten Stufe nötigen 20 000 Unterschriften zu sammeln, um den Weg für die zweite Stufe - ein Volksbegehren - freizumachen. Einige tausend Unterschriften seien bereits jetzt beisammen, sagt Lindemann. Die Listen kursieren schon seit Wochen. 68 Prozent der Brandenburger seien einer Umfrage zufolge dafür, Tegel nicht zu schließen, erinnert der Vereinschef. Er verrät, dass die Kampagne terminlich so ausgerichtet werden soll, dass ein Volksentscheid 2019 parallel zur Landtagswahl stattfinden könnte. Also wieder ein Wahlkampfschlager! Die FDP kann ihn gebrauchen. Denn 2019 könnte die Fünf-Prozent-Hürde für die Liberalen wieder zu hoch sein. In einer im November veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts infratest dimap lag die Partei bei sieben Prozent.
Die FDP geht offensichtlich davon aus, dass die rot-rote Koalition ihr Tegel-Ansinnen ablehnt und unter Druck gesetzt werden muss. Die Probe aufs Exempel kann die FDP aber nicht selbst machen, da die Partei im Landtag nicht vertreten ist. Sie stürzte bei der Wahl 2014 von 7,2 auf 1,5 Prozent ab. Darum bedient sie sich nun des Landtagsabgeordneten Péter Vida (Freie Wähler). Vida hat als Verbündeter einen Antrag ins Parlament eingebracht, der fordert, dass Singleairportkonzept »mit sofortiger Wirkung zu revidieren«. Der Linienflugverkehr und der Pauschalflugreiseverkehr müsse auf den Aiports BER und Tegel zulässig sein.
Warum springen die Freien Wähler in die Bresche? Der BER sei nur rentabel mit einer Kapazitätserweiterung, sagt Vida. Er wisse wohl, dass SPD und LINKE den Bau einer dritten Startbahn in Schönefeld ausschließen. Doch das sei keine Garantie, zumal Rot-Rot nicht ewig regieren werde. Die Städte und Gemeinden sowie die Berliner Bezirke im Umland des BER müssten dann noch mehr unter Fluglärm leiden, als sie ihn rund um Schönefeld bisher schon erleben. Darum glaubt Vida sicher zu wissen, dass die Brandenburger im Süden Berlins für die Offenhaltung des Nordberliner Flughafens Tegel sind, um die Belastungen bei sich im Süden geringer zu halten. Auf der anderen Seite schätzen die Brandenburger im Norden Berlins die schnelle Erreichbarkeit von Tegel, versichert der Landtagsabgeordnete, der zugleich Landesvorsitzender der Freien Wähler ist. Er kündigt an, dass die Freien Wähler Tegel auch zu einem Thema bei den Landratswahlen im April machen werden.
Für Vidas Parteifreund Matthias Stefke ist das Engagement für die Offenhaltung von Tegel »nur ein Zwischenschritt«. Stefke ist Gemeindevertreter in Blankenfelde-Mahlow, dem am stärksten von Fluglärm betroffenen Ort Brandenburgs, und er ist aktiv im Bürgerverein Brandenburg-Berlin, in dem sich die Gegner des Flughafenstandorts Schönefeld zusammengeschlossen haben. Sie hoffen noch immer, dass das Projekt BER abgebrochen wird und der neue Hauptstadtflughafen an einer anderen Stelle errichtet wird, beispielsweise in der viel dünner besiedelten Gegend von Sperenberg.
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