Warnung vor den nackten Zahlen
Studie untersucht Anteil der Zuwanderer an der Kriminalität in Schleswig-Holstein
Eine erhöhte Kriminalitätsrate durch Zuwanderer ist einer Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN) zufolge mehr als nur eine in der Bevölkerung »gefühlte« Wahrnehmung. Sie lasse sich mit Zahlen von Tatverdächtigen unterlegen, die für Schleswig-Holstein erhoben wurden, so die Studie. Entsprechende Untersuchungen wurden am Mittwoch in Kiel vorgestellt.
Die Ermittler der Daten, die vom Landeskriminalamt (LKA) Schleswig-Holstein den Auftrag für ihre Expertise erhielten, warnen aber vor vorschnellen Pauschalisierungen anhand nackter Zahlen. Thomas Bliesener und Christoffer Glaubitz vom KFN bemühten sich vielmehr, einzelne statistische Befunde mit Erklärungsmustern in einen Kontext zu stellen, um Vorurteilen zu begegnen. Bleibeperspektiven und soziale Familienstrukturen seien zu berücksichtigen, so die Wissenschaftler, ebenso das Alter der Täter, deren häufig geringerer Bildungsstand sowie fehlende Teilhabe in der Gesellschaft.
Eine größere Tätergruppe seien zugewanderte junge Männer, die altersbedingt genau wie Deutsche generell mehr Straftaten begehen. Interessant ist auch ein Blick auf die Opfer, die durch nichtdeutsche Täter geschädigt wurden: Auch hier überwiegen Nichtdeutsche. Das Klischee vermehrter ausländischer Täter und meist deutscher Opfer bekommt durch das KFN also keine weitere Nahrung.
Die Rate der Tatverdächtigen unter den Nichtdeutschen liegt im untersuchten Zeitraum von 2013 bis 2016 um das 2,0 bis 2,3-fache höher als bei der deutschen Meldebevölkerung. Auch nach Bereinigung der Altersstruktur mit Blick auf junge Männer bleibt die Kriminalitätsbelastung der Nichtdeutschen laut KFN-Direktor Bliesener um das 1,6 bis 1,8-fache höher als bei den Deutschen. Die Wissenschaftler verwiesen bei der Präsentation ihrer Ergebnisse jedoch darauf, dass sich allgemein herausgestellt habe, dass das Anzeigeverhalten von Deutschen gegen Täter nichtdeutscher Herkunft ein höheres sei.
Schleswig-Holsteins Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) lobte das vorgelegte Zahlenmaterial. Es ermögliche der Polizei detaillierte Herangehensweisen und Methoden in der Betrachtung sowie im Umgang mit Ausländer- und Zuwandererkriminalität. Die Studie soll daher auch fortgesetzt werden. Für Grote gibt es in Fragen der Zuwanderung nach eigenen Worten kein »ob oder ob nicht«, sondern eine möglichst passgenaue Integration. Ein Schlüssel dafür sei zum einen ein schnelleres Asylrechtsverfahren und andererseits ein Familiennachzug, der großzügiger gehandhabt werden sollte, als die designierte Große Koalition es gerade vereinbart hat, formulierte Grote noch einmal die Haltung der »Jamaika«-Koalition in Schleswig-Holstein.
Methodische Kritik an der KFN-Studie kommt von der FDP. Den Liberalen gefällt nicht, dass das KFN nur Tatverdächtige in den Fokus genommen hat. Welche Kriminalitätsbelastung durch Zuwanderer tatsächlich existiert, werde nur unzureichend beantwortet. Die Grünen sehen sich hingegen bestätigt, dass Integration die beste Prävention vor Kriminalität sei. Sie plädieren für bessere Zugangsperspektiven der Zuwanderer in der Gesellschaft.
Für die Untersuchung wurde die Kriminalitätsbelastung der nichtdeutschen Personen bestimmt, die im schleswig-holsteinischen Ausländerzentralregister erfasst sind und dann in Relation zur Gesamtbevölkerung gestellt. Peter Fritzsche vom LKA kündigte an, dass die aktuellen Zahlen der polizeilichen Kriminalitätsstatistik in der nächsten Woche vorgestellt werden. Das Aufkommen durch von Zuwanderern verübten Straftaten sei nach einem Höchststand 2015 und 2016 nun wieder rückläufig.
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