Kassen kündigen kleiner Klinik

Harzer Krankenhaus »nicht gebraucht« - Niedersachsens Sozialministerium will es erhalten

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Schon seit 1930 wird in Clausthal-Zellerfeld kein Erz mehr gewonnen. Allein ein Museum und zwei Fördertürme erinnern noch an die Blütezeit des Bergbaus in der rund 15 000 Einwohner zählenden Stadt im westlichen Oberharz, die nicht nur das Prädikat Luftkurort vorweisen kann, sondern sogar eine Technische Universität. Auch ein Krankenhaus ist vor Ort, es ist eines der vielen, die in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten privatisiert worden sind.

Dem Landkreis Goslar hatte das Haus gehört, bis der es 2003 an Deutschland größten Klinikbetreiber, die Asklepios GmbH, verkaufte. Nun wollen sich die Kassen vom Krankenhaus in Clausthal trennen. Es hätte dann keine Existenzgrundlage mehr und könnte bald ebenso Geschichte sein wie die Erzgewinnung.

Noch nie seit der Gründung des Landes Niedersachsen hatten sich die gesetzlichen Krankenkassen zu so einem einschneidenden Schritt entschlossen, wie er jetzt die Harzer Klinik trifft: die Kündigung des Versorgungsvertrages. Im Klartext heißt das: Wird die Sache rechtskräftig, darf die Klinik ab 2019 keine Kassenpatienten mehr behandeln, stünde damit vor dem Aus. Doch Asklepios will die Kündigung anfechten, die ohnehin nur wirksam wird, wenn ihr Niedersachsens Sozialministerium zustimmt. Das aber will die Klinik erhalten.

Es werde für die Versorgung der Bevölkerung nicht gebraucht, begründet der Verband der Ersatzkassen die Kündigung. Dass die Klinik dennoch betrieben wird, führe zu Risiken für die Patienten, denn: Vieles, was diese von einem Krankenhaus erwarten, werde dort nicht geboten, nicht einmal eine Blinddarmoperation. Erst recht nicht stehe das Haus für Notfälle bereit, etwa für die Behandlung nach Unfall, Herzinfarkt oder Schlaganfall, geht aus einer Mitteilung der Kassen hervor. Im Wesentlichen biete die Klinik nur noch geriatrische Leistungen, also die medizinische Betreuung älterer Menschen.

Auch das Krankenhaus schreibt auf seiner Internet-Präsenz, ihr Schwerpunkt bilde die Versorgung geriatrischer Patienten »durch ein interdisziplinäres Kompetenzteam bestehend aus Arzt, Pflege, Physio- und Ergotherapie sowie Logopädie«. Der Darstellung des Kassenverbandes entgegen steht jedoch die Aussage der Klinik im Web: »Die angeschlossenen Abteilungen für Innere Medizin und Chirurgie sind nach dem Bedarf eines Krankenhauses der Grundversorgung ausgerichtet und werden ergänzt durch die Notfallambulanz.«

Diejenigen, die dem Haus gekündigt haben, sind offenbar anderer Ansicht. Bedenken haben sie auch hinsichtlich des Verfahrens mit betagten Patienten. Sie würden zum Teil aus anderen Krankenhäusern, etwa aus der Asklepios-Harzklinik im 20 Kilometer entfernten Goslar, nach Clausthal verlegt, monieren die Krankenkassen. Denn das geschehe nur, um die 39 Betten dort zu belegen und dann sagen zu können: Das Haus ist ausgelastet. Diese Praxis aber sei für die kranken Seniorinnen und Senioren nicht ohne Risiko. Sofern bei ihnen Komplikationen auftreten, die spezielle Diagnosen und Behandlungen erfordern, müssten die alten Menschen in ein anderes Krankenhaus gekarrt werden, etwa nach Goslar, und dann wieder zurück. Eine unzumutbare Belastung, heißt es vom Kassenverband.

Ob seine Kündigung gegenüber Asklepios rechtswirksam wird, ist offen. Hat doch das Sozialministerium bereits signalisiert, es werde gegen diesen Schritt Widerspruch einlegen. Die Klinik solle erhalten bleiben, immerhin sei sie auch für die ambulante Versorgung der Bevölkerung wichtig.

Auch die Asklepios GmbH, die deutschlandweit rund 150 Kliniken betreibt, will die Kündigung nicht hinnehmen. Sie hat rechtliche Schritte angekündigt und betont, in Clausthal-Zellerfeld erfülle die Klinik ihrem Versorgungsauftrag, arbeite dabei mit dem Krankenhaus Goslar eng zusammen, und die Behandlung hochbetagter Patienten sei demzufolge »bestens gewährleistet«.

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