Unterschiedliche Prämissen

Stephan Fischer über den Streit um die polnische Justizreform

  • Stephan Fischer
  • Lesedauer: 1 Min.
Polens Regierung versucht sich gegenüber der EU mit seinem Weißbuch zu erklären - über ihr hängt immer noch das schärfste Schwert, das Brüssel zu bieten hat: das Vertragsverletzungsverfahren. Ein Einlenken ist jedoch seitens Warschaus nicht zu beobachten. Die Opponenten gehen dabei nämlich von zwei völlig unterschiedlichen Prämissen aus.

Die Regierung in Warschau sieht durch ihre Reformen eine unabhängige polnische Justiz überhaupt erst hergestellt. Die Richter bilden in ihren Augen eine Kaste, die sich auch rund 30 Jahre nach der Wende von 1989 noch teilweise aus Richtern der Vorwendezeit rekrutiert. Spektakuläre Verfehlungen Einzelner, die von der PiS-Regierung ausgewalzt werden, unterstreichen das negative Bild der Justiz im Inland. Und überhaupt: Alle nun geplanten Reformen und Maßnahmen fänden sich doch auch in anderen EU-Staaten und das seien doch alles Demokratien.

Die EU geht hingegen davon aus, dass es eine unabhängige Justiz in Polen gibt - die nun ihrer Unabhängigkeit beraubt werden soll. Dafür spricht die Kaltstellung des Verfassungsgerichts, dafür spricht die geplante starke Stellung des Justizministers. Und vor allem: Jede Einzelmaßnahme mag begründet sein und auch in anderen Staaten zu finden. Fügt man jedoch alle zusammen, verstärken diese sich - und werden zur Gefahr.

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