- Politik
- Erklärung gegen offene Grenzen
Die Achse der Neuen Rechten
Prominente Publizisten wie Tellkamp und Broder unterstützen Aufruf gegen offene Grenzen
Es sind gerade einmal drei Sätze, die eine Ende vergangener Woche im Internet veröffentlichte »Erklärung 2018« umfasst. Die Unterzeichnenden wenden sich gegen eine angeblich stattfindende »illegale Masseneinwanderung« nach Deutschland und fordern, »dass die rechtsstaatliche Ordnung an den Grenzen unseres Landes wiederhergestellt« werde. Das Ganze ließe sich fast als übliche Stimmungsmache rechter Zeitgeister abtun, wäre da nicht die Liste der Erstunterzeichnenden, die sich wie ein Schulterschluss von Konservativen und völkischen Rechten liest.
Initiatorin dieser »Erklärung 2018« ist die ehemalige DDR-Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld. Bis Mitte der 90er Jahre bei den Grünen aktiv, führte sie ihre weitere politische Karriere in der CDU immer tiefer ins rechte Lager. Seit einigen Jahren begleitet sie mit Wohlwollen den Aufstieg der AfD, wenngleich sie manche scharfe Rede aus dem Lager der völkischen Nationalisten als kontraproduktiv für den weiteren Erfolg der Neuen Rechten betrachtete.
Zwar fanden sich bis zum Sonntag unter den Unterstützern der Erklärung keine prominenten AfD-Vertreter, die Liste umfasst allerdings einige bekannte Namen, die in der Vergangenheit direkt oder indirekt Sympathien für die Programmatik der Rechtsaußenpartei zeigten. Ganz oben auf der Liste steht Uwe Tellkamp. Jener Dresdner Schriftsteller, der mit der Warnung vor einer vermeintlichen Masseneinwanderung in das deutsche Sozialsystem seit Tagen das politische Feuilleton beschäftigt. Genau das war vor Jahren mit ähnlichen Behauptungen auch Thilo Sarrazin gelungen, der den Aufruf ebenfalls unterstützt.
Lengsfeld gelang es außerdem, eine Reihe durchaus bekannter Publizisten zu gewinnen: Neben dem 2015 von der Zeitung »Welt« geschassten und seitdem als freier Autor in eigener Sache schreibenden Matthias Matussek hat auch der seit Jahren für selbiges Springer-Blatt Kolumnen verfassende Henryk M. Broder seinen Namen hergegeben. Seine Unterstützung für Lengsfeld wundert nicht. Beide kennen sich durch ihre Arbeit für den Blog »Achse des Guten«, der zunehmend als Scharnier zwischen Liberalkonservativen und Rechtspopulisten funktioniert.
Eine ähnliche Aufgabe, nur mit einem stärkeren Fokus auf die AfD, erfüllt die rechtsnationale Wochenzeitung »Junge Freiheit«, deren Chefredakteur Dieter Stein ebenfalls zu den Erstunterzeichnenden gehört. Ein Name, der zunächst ebenfalls als Unterstützerin genannt wurde, dann jedoch kommentarlos verschwand, lässt aufhorchen: Noch am Freitag stand Ellen Kositza, völkische Publizistin und Ehefrau von Götz Kubitschek, unter den Erstunterzeichnenden, inzwischen fehlt ihr Name. Wie der Journalist Stefan Niggemeier von Lengsfeld erfahren haben will, soll Kositza nur aufgrund eines »Kommunikationsproblems« auf der Liste gelandet sein.
Apropos Listen: Erklärungen des rechten Lagers mit dem Ziel, nach außen Einigkeit zu zeigen, gab es in letzter Zeit häufiger. Erst im Oktober vergangenen Jahres hatte es mit der sogenannten Charta 2017 einen offenen Brief gegeben, der sich gegen eine vermeintlich drohende »Gesinnungsdiktatur« wandte. Auch das damalige Pamphlet war unter anderem von Tellkamp, Matussek sowie Lengsfeld unterstützt worden. Insofern lässt sich die »Erklärung 2018« auch als Erweiterung des damaligen neurechten Schulterschlusses lesen. In jenen Reihen sorgt der erneute Aufruf für breite Zustimmung. So erklärten neben mehreren AfD-Regionalverbänden auch der völkische Politiker Jens Maier ihre Solidarität mit Lengsfelds Initiative.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.