Syrien: Viele tote Kinder und Soldaten
Türkei weist Kritik an der Lage in Afrin zurück
Berlin. Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) hat laut Aktivisten bei einem Überraschungsangriff nahe Damaskus Dutzende syrische Militärs getötet. Der IS habe in der Nacht zu Dienstag die volle Kontrolle über die Ortschaft Kadam übernommen. 36 Soldaten und regierungstreue Kämpfer seien gefallen, so die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte, deren Angaben unabhängig kaum überprüft werden können. Dutzende weitere würden noch vermisst, seien verwundet oder gefangen genommen worden, erklärte die oppositionsnahe Organisation. Von den Regierungstruppen gab es zunächst keine Bestätigung.
Laut Beobachtungsstelle schickte die Armee Verstärkung, um das Gebiet zurückzuerobern. Kadam liegt südlich von Damaskus. Schon seit Jahren sind dort verschiedene islamistische Gruppen sowie die IS-Miliz und ihre Rivalen vom früheren Al-Qaida-Ableger Hajat Tahrir al-Scham (HTS) präsent. Vergangene Woche verließen Hunderte HTS-Kämpfer mit ihren Angehörigen im Zuge einer Vereinbarung mit der Regierung das Gebiet in Richtung der Provinz Idlib, die ebenfalls unter HTS-Kontrolle steht.
Derweil sollen beim Beschuss einer Schule in der Region Ost-Ghuta nach Angaben von Aktivisten 16 Kinder und zwei Frauen getötet worden sein. Die Menschen hätten Schutz unter dem Gebäude in der Stadt Arbin gesucht. Insgesamt seien seit dem 18. Februar in Ost-Ghuta über 1400 Zivilisten getötet und über 5300 verletzt worden. Seit Wochen beschießen die syrischen Streitkräfte und verbündete Milizen mit russischer Unterstützung das Rebellengebiet vor den Toren von Damaskus. Laut UN flohen zuletzt Tausende Menschen aus der Region.
Die Türkei hat unterdessen Kritik des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) nach ihrem Feldzug im nordwestsyrischen Afrin scharf zurückgewiesen. Äußerungen des IKRK-Präsidenten Peter Maurer, die die Glaubwürdigkeit der Arbeit des türkischen Roten Halbmonds in Afrin infrage stellen, seien »fern von der Wahrheit und inakzeptabel«, teilte das Außenministerium am Dienstag mit. Maurer hatte am Vortag in Genf mehr Zugang von internationalen unabhängigen Organisationen in Afrin gefordert. In diesem Zusammenhang kritisierte er den türkischen Roten Halbmond und sagte, die Glaubwürdigkeit der Aussage, dass dieser mit der kurdischen Bevölkerung in Afrin zusammenarbeite, sei »nahezu null«.
Die Türkei hatte die Militäroffensive gegen die Kurdenmiliz YPG am 20. Januar begonnen und die kurdische Stadt Afrin am Sonntag eingenommen. Zehntausende wurden nach UN-Angaben vertrieben. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan wies unterdessen Kritik der USA, die sich besorgt über die humanitäre Lage in Afrin gezeigt hatten, zurück. Er warf Washington erneut Zusammenarbeit mit einer »Terrororganisation« vor und meint die YPG, die von Ankara wegen ihrer engen Verbindungen zur verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK als Terrororganisation betrachtet wird. Die YPG ist ein enger Verbündeter Washingtons im Kampf gegen die Terrormiliz IS. Agenturen/nd
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