Krematorium für Pferde wird nicht gebaut

Niedersachsen: Pläne für Hanstedt stießen auf Protest

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Der letzte Weg eines Pferdes endet in Deutschland zumeist beim Schlachter oder in einer Anlage, in der tote Tiere zu Dünger oder zu Futtermehl für Fische verarbeitet werden. Seit Februar 2017 gibt es eine Alternative: Nach einer Gesetzesänderung dürfen Krematorien für Pferde auch in der Bundesrepublik in Betrieb gehen. Bislang bietet erst eines seine Dienste an: in Baden-Württemberg. Dort können Tierfreunde ihren vierbeinigen Begleiter verbrennen lassen und, wenn sie möchten, die Asche in einer Urne mit nach Hause nehmen. Zwischen 2000 und 3000 Euro kostet die Kremierung, je nach Gewicht des Pferdes.

Im Norden der Republik, im niedersächsischen Hanstedt bei Hamburg, sollte bis spätestens 2019 ein zweites Pferdekrematorium entstehen. Das Unternehmen Cremare, das dort bereits seit 2009 kleinere Tiere von der Soringmaus bis zur Dogge einäschert und auf Wunsch auch bestattet, wollte rund zwei Millionen in das Vorhaben investieren. Ein 1000 Quadratmeter großes Gebäude war geplant, darin auch ein Raum, der an eine Reithalle erinnern sollte und in dem der Pferdebesitzer von seinem Tier hätte Abschied nehmen können.

Doch nach dem derzeitigen Stand der Dinge wird nichts aus dem Vorhaben und damit auch nichts aus den 15 neuen Arbeitsplätzen, die das Krematorium nach Hanstedt bringen sollte. Cremare, so heißt es aus dem Rathaus, habe seine Pläne zurückgezogen und wolle das Grundstück, auf dem die Anlage zur Pferdeverbrennung entstehen sollte, nicht mehr kaufen.

Das Unternehmen selbst hat sich zu dem Verzicht auf das Krematorium bislang nicht öffentlich geäußert. So kann nur vermutet werden, dass Proteste von Bürgerinnen und Bürgern den Bau verhindert haben. Seit Bekanntwerden des Projekts gegen Ende vergangenen Jahres wehrten sich besorgte Hanstedter gegen das Krematorium, haben dazu eine Bürgerinitiative gegründet und rund 1500 Unterschriften gegen die Anlage gesammelt. Ein Treffen, auf dem die Kritiker ihrem Unmut Luft machten, war so stark besucht, dass nicht alle Interessierten im Saal Platz fanden.

Hanstedt sei Erholungsort, lebe wesentlich vom Tourismus, und für ihn könne das Pferdekrematorium schädlich sein und Urlauber abschrecken, lautet ein Argument gegen die Verbrennungsstätte. Geruchsbelästigung sei zu befürchten und auch der Ausstoß gesundheitsschädlicher Stoffe wie Dioxin und Flurane aus dem geplanten 15 Meter hohen Schornstein, mahnten Einwohner. Eine solche Belastung werde es nicht geben, hielten Verantwortliche von Cremare entgegen, verwiesen auf moderne Technik, die Gestank und Schadstoffe verhindere.

Auf der Internetseite der Gemeinde Hanstedt schreibt Bürgermeister Olaf Muus, die Gemeinde Hanstedt habe »die überwiegend kritischen Signale aus der Bevölkerung zur Ansiedlung des Pferdekrematoriums aufgenommen und diese auch entsprechend an Cremare weitergegeben«. Womöglich hat dies das Unternehmen zur Absage veranlasst. Dennoch bietet Cremare das Einäschern von Pferden an: in Kooperation mit einem grenznahen Tierkrematorium in Frankreich.

Den Umweg über das Ausland hatten Pferdefreunde, die ihren vierbeinigen Begleiter nicht dem Abdecker oder dem Metzger überlassen wollten, schon gewählt, als die Einäscherung der großen Tiere in Deutschland noch verboten war. Zumeist waren dann Verbrennungsanlagen in den Niederladen oder in der Schweiz angesteuert worden.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -