Wagenknecht erntet Kritik in ihrer Partei
Bundestagsabgeordnete: Konflikte und irritierender Führungsstil in der Fraktion
Berlin. In einer öffentlichen Erklärung haben sich 25 Mitglieder der Linksfraktion im Bundestag von der Einschätzung der Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht distanziert, die in einem Interview des »nd« vom Mittwoch die Arbeit der Parteispitze kritisiert hatte. »Wir teilen diese Einschätzung nicht. Im Gegenteil finden wir, dass sich die Partei seit dem Göttinger Parteitag von den davor liegenden Auseinandersetzungen gut erholt hat und sich weiterhin gut entwickelt: Das starke Wachstum der Partei und die vielen Neueintritte, gerade auch von jungen Menschen, bestätigen uns in dieser Einschätzung.« Wagenknecht hatte im Interview gesagt: »Eine Partei, in der es ständig Streit und interne Reibereien gibt, wird nicht gut geführt.«
Die Unterzeichner der Erklärung, die mehrheitlich dem traditionell linken Parteiflügel, aber auch der Strömung der gewerkschaftsnahen Sozialistischen LINKEN zuzurechnen sind, richten ihre Kritik ihrerseits an die Führung der Bundestagsfraktion. In der Fraktion gebe es »eine Vielzahl ungeklärter Konflikte und offener Probleme. Der derzeitige nichtintegrative Führungsstil irritiert insbesondere viele der neuen MdB«, schreiben die Abgeordneten. »Wir schlagen daher der Fraktionsvorsitzenden vor, sich zunächst um die Klärung der Fragen in der eigenen Verantwortung zu kümmern. Da gibt es viel zu tun.«
Die Unterzeichner wenden sich im Weiteren gegen die von Wagenknecht vertretene Idee einer linken Sammlungsbewegung. Ihr Agieren sei »völlig intransparent und ohne Rückkopplung mit unserer Partei. Allein diese Art des Vorgehens trägt die Gefahr des Scheiterns vieler bisherigen Bemühungen in sich.« Zu den Unterstützern des Aufrufs gehören fünf Abgeordnete, die zugleich Mitglieder des Parteivorstandes sind: Thomas Nord, Christine Buchholz, Tobias Pflüger, Sabine Leidig und Caren Lay.
Auch außerhalb der Bundestagsfraktion hatten die Äußerungen Wagenknechts in den letzten Tagen für Irritationen und zahlreiche Kritik gesorgt. »Die Querelen in der Partei resultieren zum großen Teil aus dem Verhalten einer Fraktionsvorsitzenden, für die die Partei nur als Bühne, nicht aber als politische Kraft interessant ist«, erklärte der sachsen-anhaltische LINKE-Politiker Wulf Gallert über den Kurznachrichtendienst Twitter.
Deutliche Distanzierung äußerte ebenfalls die Berliner LINKE-Landeschefin Katina Schubert. »Ich nehme wahr, dass die Fraktionsvorsitzende Wagenknecht gegen die Parteispitze intrigiert. Wer einen anderen Kurs der Linken will, ob als Sammlungsbewegung oder für rechte Flüchtlingspolitik, muss sich dem Parteitag stellen«, so Schubert. Eine SPD der 70er Jahre brauche es nicht, eine »kämpferische Linke« dagegen dringend. Berlins Kultursenator Klaus Lederer stellte die rhetorische Frage: »Woher kommt eigentlich immer dieser Streit, von dem da die Rede ist?«
Auch Thomas Falkner, früherer Stratege der Linkspartei, meldete sich kritisch zu Wort: »Nee, Frau Wagenknecht! Die Fraktion wird falsch geführt: in zentralen Fragen gegen die Mehrheit der Partei, getrieben von Selbstdarstellung nach außen und Erpressung nach innen, in Dauerattacke auf die Parteiführung. So geht’s nicht!« nd
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