Türkische Nationalistengang vor Gericht

In Stuttgart hat der Prozess gegen mutmaßliche Führer der »Osmanen Germania BC« begonnen

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.

Vor dem Prozess gegen mutmaßliche Führer der türkisch-nationalistischen Straßengang »Osmanen Germania BC« in Stuttgart wurden am Montag starke Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Um das Gefängnis in Stammheim wurden Straßenkontrollen aufgebaut. Zudem waren etliche Polizisten im Einsatz. Hubschrauber kreisten über dem Justizgebäude. Man gehe von einer Bedrohungslage aus, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft, ohne Details zu nennen. Strikte Kontrollen der gut 120 Zuschauer verzögerten den Prozessstart um zwei Stunden. Grüppchenweise wurden meist komplett schwarz gekleidete Anhänger der Angeklagten unter Polizeischutz durch den Ort geführt.

Vor Gericht standen acht Männer, darunter der selbst ernannte »Weltpräsident« der rockerähnlichen Gruppierung. In wechselnder Besetzung sollen sie in den Jahren 2016 und 2017 in Baden-Württemberg etliche Straftaten begangen haben. Ein konkreter Vorwurf ist das laut Anklage brutale Vorgehen gegen ein abtrünniges Mitglied. Konkret geht es um einen Fall aus Herrenberg nahe Stuttgart. Dort soll ein Teil der Angeklagten - im Wissen der Anführer - ein Mitglied, das die »Osmanen« verlassen wollte, schwer traktiert haben. Auch weil dieser sich weigerte, gegen Kurden vorzugehen, wie es heißt.

Außerdem werden den Männern unter anderem versuchter Mord, versuchter Totschlag, gefährliche Körperverletzung, Zuhälterei, räuberische Erpressung, Freiheitsberaubung sowie diverse Waffen- und Drogendelikte vorgeworfen. Gut 50 Verhandlungstage sind angesetzt. Demnach würde der Prozess bis Januar 2019 gehen.

Die »Osmanen Germania« stehen nach Einschätzung des nordrhein-westfälischen Innenministeriums in Verbindung zur türkischen Regierungspartei AKP und zum Umfeld des Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Dieser Umstand spiele im Stuttgarter Prozess allerdings gar keine Rolle, sagte Holzner, der Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Nach einem Bericht des »Spiegel« könnten die Verbindungen zu Erdogan und dessen Partei sogar noch enger sein, als bisher angenommen wurde. Laut dem Hamburger Nachrichtenmagazin soll bei einem abgehörten Telefonat plötzlich der türkische Staatschef selbst in der Leitung gewesen sein. Demnach wollten Ermittler der hessischen Polizei im Juni 2016 den AKP-Abgeordneten Metin Külünk abhören. Er hatte in Berlin eine Demonstration organisiert und die »Osmanen« sollten dabei sein. Dem Bericht nach ließ sich Erdogan persönlich über den Vorgang unterrichten.

Dubios ist außerdem, dass Angehörige der Straßengang nach Recherchen des »Spiegel« zu Dutzenden als Wachmänner Flüchtlingsunterkünfte in Südbaden bewacht haben sollen. Die Ermittler gingen davon aus, dass die »Osmanen« im Jahr 2016 zeitweise 50 Mitglieder für acht Unterkünfte im Landkreis Lörrach stellten. Die Aufträge erhielten sie ohne Wissen des Landkreises offenbar von einem Sub-Subunternehmer, wie der Landkreissprecher Torben Pahl bestätigte.

Die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Sevim Dagdelen, nannte es in einer Mitteilung vom Montag »brandgefährlich«, dass die »Osmanen Germania« zur Security in Flüchtlingsunterkünften gemacht wurden. »Dafür, dass sie Mitglieder rekrutieren, zu Straftaten anstiften und ihre nationalistische Hetze verbreiten konnten, wurden sie auch noch bezahlt«, kritisierte Dagdelen. Sie äußerte die Hoffnung, dass das Verfahren gegen die »Osmanen Germania« nur der Auftakt zur Zerschlagung des gefährlichen Erdogan-Netzwerks in Deutschland sei. »Erdogans Agenten, Kriegsvorbetern in den DITIB-Moscheen, Lobbygruppen wie dem AKP-Ableger UETD und brutalen Schlägern muss endlich das Handwerk gelegt werden«, forderte die LINKE-Politikerin. Mit Agenturen

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