• Politik
  • Katalanischer Expräsident in Haft

Puigdemonts Anwalt fordert Eingreifen der Bundesregierung

Schomburg droht im Fall des früheren katalanischen Ministerpräsidenten mit Klage vor dem Bundesverfassungsgericht

  • Lesedauer: 3 Min.

München. Nach der Festnahme des katalanischen Ex-Regionalpräsidenten Carles Puigdemont in Deutschland hat dessen deutscher Anwalt die Bundesregierung zum Eingreifen aufgefordert. Die Bundesregierung solle »unverzüglich« erklären, dass sie eine Auslieferung Puigdemonts an Spanien politisch keinesfalls bewilligen werde, sagte der Anwalt Wolfgang Schomburg der »Süddeutschen Zeitung« (Donnerstagsausgabe). Eine solche politische Bewilligung des spanischen »Rechtshilfeersuchens« sei nach dem Gesetz zur Internationalen Rechtshilfe notwendig – unabhängig von der juristischen Entscheidung des zuständigen Gerichts.

Bewilligungsbehörde sei angesichts der Bedeutung des Falles die Bundesregierung in Gestalt von Justizministerin Katarina Barley (SPD), sagte Schomburg. Er kündigte an, das Bundesverfassungsgericht anzurufen, falls das Oberlandesgericht Schleswig seinen Mandanten nicht alsbald auf freien Fuß setze.

Der Jurist war laut »SZ« früher Bundesrichter in Karlsruhe. Danach sei Schomburg von der UN-Vollversammlung als erster deutscher Strafrichter an ein internationales Strafgericht gewählt worden und habe als Richter am Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag und dann für Ruanda in Arusha gearbeitet.

Dem Auslieferungsverfahren gegen Puigdemont müsse »so oder so« ein Ende bereitet werden, »um nicht spanische Interessenkonflikte auf deutschem Boden austragen zu lassen«, sagte Schomburg der Zeitung. Dies bedeute, dass das Verfahren juristisch oder politisch, am besten aber »juristisch und politisch« beendet werden müsse. Schomburg vertritt den in Neumünster inhaftierten Puigdemont zusammen mit seinem Sohn, dem Wirtschaftsstrafrechtler Sören Schomburg.

Die Entscheidung über eine Auslieferung nach Spanien dürfte nach Einschätzung der zuständigen Generalstaatsanwaltschaft in Schleswig nicht vor Ostern fallen. Schomburg kritisierte in diesem Zusammenhang, die Akten seien wohl »zu Fuß von Neumünster nach Schleswig zum Oberlandesgericht unterwegs«. Die Amtsrichterin in Neumünster hatte am Montag entschieden, dass Puigdemont zunächst weiterhin in Gewahrsam zu halten sei.

Schomburg geht davon aus, dass der von den spanischen Behörden ausgestellte Haftbefehl gegen Puigdemont, der sehr unpräzise und oberflächlich sei, juristisch keinen Bestand haben werde. So sei unklar, um welchen Haftbefehl es sich eigentlich handeln solle: Er sei sowohl mit »Europäischer Haftbefehl« als auch mit »Internationaler Haftbefehl« überschrieben. Der Gewaltvorwurf gegen Puigdemont sei »unhaltbar«, der Vorwurf der Korruption »abenteuerlich«, sagte Schomburg.

Der Anwalt legte dar, der Korruptionsvorwurf stütze sich darauf, dass Puigdemont als katalanischer Ministerpräsident eine Volksabstimmung über die Unabhängigkeit abhalten ließ, die natürlich Geld gekostet habe. Zum Gewaltvorwurf habe Puigdemont selber vor der Amtsrichterin ausgesagt, »zu keinem Zeitpunkt in seinem Leben jemals Gewalt ausgeübt oder unterstützt« zu haben, jegliches Gewaltkonzept sei für ihn »gänzlich inakzeptabel«. Schomburg sagte, alle im Haftbefehl dargestellten Gewaltdelikte bezögen sich auf andere Personen.

Puigdemonts Festnahme ist die jüngste Wendung in dem Konflikt um Kataloniens Abspaltung von Spanien, der nach dem Referendum und der einseitigen Ausrufung der Unabhängigkeit der Region im Oktober eskaliert war. Puigdemont wurde damals als Regionalpräsident abgesetzt und floh ins belgische Exil, um seiner Festnahme in Spanien zu entgehen.

Am Freitag reaktivierte das Oberste Gericht in Madrid dann einen Europäischen Haftbefehl gegen Puigdemont, der sich zu diesem Zeitpunkt zu einem Besuch in Finnland aufhielt. Bei seiner Rückreise nach Belgien wurde er am Sonntag kurz nach dem Grenzübertritt aus Dänemark von der schleswig-holsteinischen Polizei an einer Autobahnraststätte festgenommen. Der Politiker wird in Spanien wegen »Rebellion«, »Aufwiegelung« und des Vorwurfs der Veruntreuung öffentlicher Gelder gesucht. AFP/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.