Neuer Anlauf für das Azubi-Ticket
Thüringen: Rot-Rot-Grün will den einheitlichen Fahrschein für Lehrlinge endlich einführen
Die rot-rot-grüne Landesregierung unternimmt einen komplett neuen Versuch, in Thüringen das lange versprochene Azubi-Ticket einzuführen. So zuversichtlich, dass es diesmal klappen wird, ist man im zuständigen Infrastrukturministerium des Landes, dass der dortige Staatssekretär, Klaus Sühl (LINKE), schon mal sagt, er gehe davon, dieses Azubi-Ticket werde mit Beginn des neuen Ausbildungsjahres im Herbst gültig sein. Dazu habe man in seinem Haus nach all den Querelen der vergangenen Monate um das Ticket noch einmal völlig »neu nachgedacht«. Und seine Ministerin, Birgit Keller (LINKE), erklärt: »Ich bin froh, dass wir einen Weg gefunden haben, mit dem wir für Tausende Auszubildende die Bedingungen verbessern können.«
Sollte es diesmal klappen, würde - jenseits aller Verbesserungen für die Lehrlinge im Land - auch von den Verantwortlichen im Infrastrukturministerium eine große Last fallen. Immerhin versucht man dort schon seit Beginn der Legislaturperiode, diesen einheitlichen Fahrschein einzuführen, mit dem es Azubis im Idealfall möglich sein soll, für nur einen geringen Preis alle öffentlichen Verkehrsmittel im Land zu nutzen. Dies vor allem, damit sie kostengünstig von Zuhause an ihren Ausbildungsplatz oder in die Berufsschule fahren und darüber hinaus auch in ihrer Freizeit ohne Zusatzkosten Bus und Bahn nutzen können. Für Studenten gibt es mit dem Semesterticket schon ein entsprechendes Angebot.
Bei Rot-Rot-Grün ist man von den Vorzügen dieses Tickets im Kern ebenso überzeugt wie bei der Opposition im Thüringer Landtag, bei den Wirtschaftsverbänden und bei den Gewerkschaften. Doch vor allem weil es keinen einheitlichen Thüringer Verkehrsverbund gibt, gelang es bislang nicht, dieses Azubi-Ticket auf den Weg zu bringen. Nun aber gibt es laut Staatssekretär Sühl zumindest mit den in Thüringen verkehrenden Eisenbahnunternehmen sowie mit dem Verkehrsverbund Mittelthüringen (VMT) sehr konkrete Gespräche darüber, zu welchen Konditionen sich ein solches Ticket einführe lasse. Die Frage sei deshalb nicht, ob es klappt, sondern was es kostet, sagt Sühl.
Die Einführung auf dem Gebiet des VMT gilt als ziemlich unproblematisch. Laut Sühl sollen zudem alle Landkreise und kreisfreien Städte in Thüringen, die nicht zum VMT gehören, eingeladen werden, sich wenigstens für das Azubi-Ticket diesem Verkehrsverbund anzuschließen, der im Kern die Städte Erfurt, Weimar, Jena, Gera sowie diese Städte umgebende Räume in den Landkreisen Gotha, Weimarer Land und Saale-Holzland umfasst. Damit wären dann im Idealfall tatsächlich alle öffentlichen Verkehrsmittel in allen Teilen des Freistaat vom Azubi-Ticket erfasst. Das Land sei bereit, Ausgleichszahlungen an die Kommunen beziehungsweise die Verkehrsunternehmen zu zahlen, wenn sie mitzögen.
Die Gesamtkosten für das Azubi-Ticket sollen laut Ministerium gedrittelt werde. »Neben dem Land sollen sich auch die Auszubildenden und die Ausbildungsbetriebe beteiligen«, sagt Keller. So solle die Wirtschaft nicht aus ihrer Verantwortung entlassen werden, etwas für die Sicherung des eigenen Nachwuchses zu tun.
Doch die Geldfrage ist auch der Punkt, an dem die Einführung des Azubis-Tickets letztlich noch immer scheitern kann. Denn spätestens dann, wenn die entstehenden Kosten verteilt werden sollen, wird sich zeigen, wer dieses Ticket eigentlich wirklich will. Und wer nur bis zu einem gewissen Preis mitzieht.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.