Deutsch-französische Scheidung?

Der »Reformmotor« Merkel-Macron stottert / Französischer Alleingang in Nordsyrien

  • Tomasz Konicz
  • Lesedauer: 3 Min.

Der viel gepriesene deutsch-französische Reformmotor Europas gerät arg ins Stottern. Wie lange wird sich Emmanuel Macron die Hinhaltetaktik Merkels noch gefallen lassen, fragte etwa »Spiegel Online« nach dem letzten EU-Gipfel am 23. März, auf dem deutlich wurde, dass Berlin die ambitionierten französischen Reformvorschläge zur Eurozone versanden lässt.

Seit dem 29. März kann diese Frage beantwortet werden. An diesem Tag empfing der französische Präsident eine Delegation syrischer Kurden, der er weitreichende Unterstützung zusagte. Nach den vorhersehbar harschen Angriffen und Drohungen aus Ankara nahm Paris seine Ankündigung von Truppenverstärkungen in Nordsyrien zwar zurück, doch inzwischen mehren sich Berichte über französische Spezialeinheiten in der von Erdoğan beanspruchten nordsyrischen Stadt Manbij.

Der Kontrast kann kaum deutlicher sein: Während Berlin bei seiner Appeasementpolitik gegenüber Erdoğan den syrisch-kurdischen Organisationen mit unverminderter Repression begegnet, avancieren diese in Paris zu offiziellen Partnern. Mit seinem Alleingang hat Macron nicht nur einen gezielten Affront gegenüber Berlin gewagt, er beansprucht auch die außenpolitische Führungsrolle in der EU auf dem Gebiet der militärischen Machtprojektion.

Französische Alleingänge, die schnell zu Konfrontation mit Berlin führen dürften, zeichnen sich auch in Griechenland ab. Athen steht in direkten Verhandlungen mit Paris über den Erwerb von vier französischen Fregatten, die das klamme Mittelmeerland im Rahmen einer strategischen Partnerschaft zur Luftverteidigung in der spannungsreichen Ägäis nutzen soll. Zugleich spielten Paris und der Europäische Stabilitätsmechanismus Schuldenerleichterungen für Athen durch, so das »Handelsblatt«. Allein die weitgehenden Vorschläge Frankreichs würden dem durch Schäubles Spardiktat verwüsteten Land Nachlässe im Umfang von 18 Milliarden Euro gewähren und »Finanzminister Scholz in Bedrängnis bringen«, schreibt das »Handelsblatt«.

Paris bemüht sich überdies, bei der angestrebten EU-Reform eine gemeinsame Linie mit Spanien zu finden. Anfang April reiste der französische Finanzminister nach Madrid, um sich Zusagen der Regierung für die von Macron geforderte Schaffung eines Euro-Haushalts, eines EU-Finanzministers, einer Steuerharmonisierung und einer Bankenunion abzuholen. Anschließend erklärte Paris, dass bei den künftigen Reformverhandlungen mit Berlin Vertreter Spaniens zugegen sein würden. Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg zeigt sich allerdings auch, dass die Unterstützung Frankreichs durch die spanische Regierung eher halbherzig ausfalle.

Und schließlich scheinen Paris und Berlin auch keine gemeinsame Linie beim drohenden Handelskrieg mit den USA zu finden. Bloomberg berichtete, Macron sei nicht bereit, der von Exportinteressen der deutschen Wirtschaft geformten Linie Merkels zu folgen, die Trump bei EU-Zöllen für amerikanische PKW möglichst weit entgegenkommen wolle, um den deutschen Zugang zum US-Markt nicht zu gefährden. Frankreich, dessen Industrie eher auf den Binnen- und EU-Markt ausgerichtet ist, will die bestehenden Regelungen beibehalten.

Inzwischen scheint sogar die Ernennung des Bundesbankchefs Jens Weidmann zum EZB-Chef vom Tisch zu sein, die Berlin forciert hatte. Bloomberg berichtete schon im März, dass Merkel bereit sei, die Personalie fallen zu lassen, um dafür »mehr Einfluss über Präsident Macrons Bestrebungen zum Aufbau engerer Beziehungen« der Euroländer zu erhalten.

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