Streit um Prayuth als Langzeitpremier
Thailands Demokratische Partei distanziert sich vorsichtig von Putschfreunden
Der politische Markt in dem südostasiatischen Land ist wiedereröffnet, wie es der Wissenschaftler und Kommentator Suriyasai Katasila formuliert hat. In den fast vier Jahren seit dem unblutigen Putsch im Jahr 2014 hatte allein das Militärregime das Sagen, war den bisherigen Parteien und sonstigen Organisationen jede offizielle Betätigung untersagt. Ebenso galt ein strenges Demonstrations- und Versammlungsverbot. Es gab auch argwöhnische Blicke auf die Medienwelt, die eine gewisse Form der Selbstzensur der Presse zur Folge hatte.
Jetzt hat am vergangenen Freitag auch die Demokratische Partei (DP) in ihrem Bangkoker Hauptquartier den 72. Jahrestag ihrer Gründung feiern können. Die DP ist die älteste politische Kraft des Landes. Generell als Verkörperung der traditionellen Elite gesehen und mit starker Verankerung vor allem rund um die Hauptstadtmetropole sowie im Landessüden, war zumindest gewissen Kreisen der seinerzeit oppositionellen DP die Machtübernahme des damaligen Armeechefs Prayuth gar nicht so unrecht. Bedeutete dies doch den Sturz der gewählten Regierung unter Yingluck Shinawatra, der jüngeren Schwester des bis heute besonders umstrittenen und im Exil lebenden Ex-Premiers Thaksin Shinawatra, der 2006 selbst bei einem Putsch entmachtet wurde. Suthep Thaugsuban, vormaliger DP-Generalsekretär, jubilierte sogar geradezu. Schließlich hatte er mit der von ihm gegründeten Sammlungsbewegung PRDC versucht, das Yingluck-Lager mit Straßenprotesten in die Knie zu zwingen. Es waren vor allem die Blockadeaktionen dieser »gelben« Aktivisten in der Bangkoker Innenstadt, die mit als Vorwand für den jüngsten Putsch herhielten.
DP-Vorsitzender Abhisit Vejjajiva, auch er stand schon einmal einer Regierung vor, hat seiner Partei bei der Jubiläumsfeier nun aber eine klare Marschrichtung verpasst. Wer meine, Prayuth auch nach den nächsten Wahlen als sogenannten Outsider-Premier behalten zu wollen, der könne sich gerne eine andere politische Heimat suchen, wurde Vejjajiva in den Medien zitiert.
Damit zieht der Spitzenmann der Gruppierung, die gern an ihre alte Bedeutung anknüpfen würde, einen relativ deutlichen Trennstrich zu allen juntaunterstützenden Kräften.
Zwar haben Suthep und sein bisher immer noch in der Demokratischen Partei organisierter jüngerer Bruder es versäumt, wie angekündigt eine neue Partei zu gründen, die den Demokraten einige so orientierte Mitglieder abspenstig gemacht hätte. Aber es gibt andere Neugründungen, die mutmaßlich als Vehikel der Ambitionen Prayuths dienen, auch weiterhin sein aktuelles Spitzenamt ausfüllen zu können. Und selbst Abhisit mochte nicht spekulieren, wie sich die DP im nächsten Jahr verhalten werde, sollte es zu einer Koalitionsregierung kommen und dann vielleicht die Personalie Prayuth zur Entscheidung anstehen. Er könne da keiner Entscheidung der Gesamtpartei vorgreifen, betonte er.
Dennoch ist die Frage, ob der derzeit starke Mann in Bangkok selbst nach dem formellen Ende der Militärherrschaft längerfristig Premierminister bleibt, ein zentraler Streitpunkt in der neu aufflammenden politischen Auseinandersetzung Thailands. Heftige Kritik musste sich jetzt unter anderem Somkid Jatusripidak gefallen hatten, nachdem er ausdrücklich seine Unterstützung für Prayuths Pläne bekundet hatte. Als Vizepremier solle er mit solchen Äußerungen vorsichtig sein und Neutralität zu wahren suchen, wurde ihm nahegelegt.
Somkid darf getrost als einer der größten Wendehälse in der thailändischen Politik bezeichnet werden. Jahrelang diente er als enger Weggefährte seinerzeit Thaksin als Minister und Vizepremierminister, gehörte zu den Mitbegründern und Spitzenkandidaten von dessen Partei Thai Rak Thai (TRT) und war maßgeblicher Autor der Wirtschaftspolitik des damaligen Regierungschefs. Diese Politik war unter anderem mit Unterstützung für die Bauern und der Förderung ländlicher Ortschaften ein wesentlicher Punkt dafür, Thaksin und dessen Lager bis heute die Gefolgschaft vieler Menschen vor allem im armen Norden und Nordosten des Landes zu sichern.
Somkid hatte nach dem Putsch von 2006 allerdings keine Probleme, sich den neuen Herren als Berater anzudienen. Im September 2014, vier Monate nach Prayuths Machtergreifung, wurde er als einer von nur zwei Zivilisten Teil der regierenden Militärjunta, zunächst als Berater für Außenwirtschaft. Erneut zum Vizeministerpräsidenten stieg er im August 2015 auf.
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