Blogger wehrt sich gegen rechte Diffamierungskampagne

Nach monatelangen Drohungen verklagt Jerome Trebing rassistische Gruppen

  • Niklas Franzen
  • Lesedauer: 3 Min.

Jerome Trebing befand sich gerade auf dem Rückweg von Halle nach Leipzig als die ersten Nachrichten eintrafen. Genau gesagt waren es Hassbotschaften, verschickt von rechten Internettrollen. Ein halbes Jahr ist seitdem vergangen. Bis heute erhält Trebing täglich Drohungen.

Hintergrund: Am 23. Oktober 2017 hielt der linke Soziologe einen Vortrag in der Universität der Stadt an der Saale. Am gleichen Abend kam es zu einem bisher unaufgeklärten Angriff auf das Hausprojekt der »Kontrakultur«, dem lokalen Ableger der Identitären Bewegung. Nur wenige Stunden später machte die rassistische Organisation EinProzent in einem Artikel Trebing als »geistigen Brandschrifter« für den Angriff verantwortlich. Wenig später legte das österreichische Magazin InfoDirekt mit einem Text nach, in dem Trebing als »Gewalttäter« bezeichnet wird und Fotos von ihm veröffentlicht sind.

LeserInnenumfrage

Wir fragen uns immer wieder, was wir besser machen können und was unsere LeserInnen überhaupt wollen. Dazu führen wir jetzt wieder eine Umfrage durch. Sagt uns eure Meinung, mit eurer Teilnahme! 

Hier gehts los!

Die Artikel setzten den Startschuss für eine virale Hexenjagd. »Nach der Veröffentlichung hat sich ein medialer Mob gebildet«, erzählt Trebing dem »nd«. Wochenlang erhielt er Mails und Anrufe mit Beleidigungen, Verleumdungen und Morddrohungen. Fotos von Trebing und seiner Adresse wurden im Netz veröffentlicht, Veranstaltungen in rechten Netzwerken öffentlich gemacht. Auch Politiker der AfD, wie der sachsen-anhaltische Landtagsabgeordnete Hans-Thomas Tillschneider, teilten die Hetz-Artikel. Bis zu seinem Arbeitsplatz verfolgten die Rechten den Blogger: In einer Wiener Streetwork-Einrichtung für Jugendliche, die Trebing damals leitete, wurden Sticker mit rassistischen Inhalten verklebt, mehrfach wurde der Briefkasten der Einrichtung zerstört. Trebing meint: »Ich habe mich nicht mehr sicher gefühlt. Am Schlimmsten war aber, dass auch andere hineingezogen wurden.« Vom ehemaligen Arbeitergeber fühlt sich Trebing im Stich gelassen, denn dieser äußerte sich nicht zu der rechten Hetzkampagne.

Trebing klärt seit Jahren über extrem rechte Gruppierungen wie die Identitäre Bewegung auf. Auf dem Twitter-Account Menschmerz und dem Blog vonnichtsgewusst.blogsport.eu berichtet er über die Aktivitäten der rassistischen Bewegung und machte dort Verbindungen von deutschen und österreichischen Gruppen publik.

In Österreich, wo Trebing lebt, ist die Einschüchterungstaktik durch rechte Kräfte keine Neuheit. Seit Jahren greifen Rechte dort im Netz gezielt Journalist*innen, Wissenschaftler*innen und engagierte Einzelpersonen an. Für Trebing steht dahinter eine Strategie: »Sie wollen Exempel statuieren und zeigen, dass es jeden treffen kann, der sich gegen sie engagiert.« Und mit ihren Kampagne haben die Rechten durchaus Erfolg – so auch bei Trebing. Arbeitgeber*innen nahmen in Bewerbungsgesprächen direkten Bezug auf die rechten Artikel, der Soziologe wird weniger für Vorträge gebucht. Er meint: »Der wirtschaftliche Schaden war für mich ist groß.«

Nun will sich Trebing wehren und hat EinProzent und InfoDirekt verklagt. Anfang Mai steht der erste Prozesstermin gegen EinProzent an. Zusammen mit Aktivist*innen sammelt Trebing per Crowfunding Geld. Denn, der Prozess kostet viel. Die österreichsche Rechtsschutzversicherung sah sich nicht zuständig und Organisationen, wie die deutsche Rote Hilfe, sind in Österreich marginal. Mit der Kampagne soll aber auch »auf Missstände aufmerksam gemacht« werden.

Trebing will sich von der Diffamierungskampagne nicht einschüchtern lassen. Etwas hat sich für ihn aber bereits verändert: »Kommentare in sozialen Medien lese ich mir nun nicht mehr durch.«

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.