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Countdown im Norden
Schleswig-Holstein: Bei der Kommunalwahl am 6. Mai droht der SPD die nächste Schlappe
»Bei Umfragen unter 20 Prozent wünscht sich niemand Wahlen in seinem Bundesland« - das hat Ralf Stegner vor Wochen gesagt. Doch der Wahlkalender ist kein Wunschkonzert. Am 6. Mai müssen die Sozialdemokraten mit ihrem Landesvorsitzenden Stegner zur Kommunalwahl in Schleswig-Holstein antreten. 29,8 Prozent wie vor fünf Jahren? Die Genossen würden wohl freudetrunken einander in die Arme fallen. Das Abschneiden der SPD verspricht politisch die größte Brisanz, zumal auf Landesebene die Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP trotz Pro-blemen beim Windenergie-Ausbau in weitgehend ruhigem Fahrwasser unterwegs ist.
Zwar geht es bei Kommunalwahlen um Dinge wie Verkehr, Schulen, Kitas und Freizeitangebote, aber die politische Großwetterlage schlägt trotzdem immer mit durch. Und nach dem SPD-Desaster um die Neuauflage einer GroKo in Berlin und einen Führungswechsel von Martin Schulz auf Andrea Nahles kann die Nord-SPD auf Rückenwind aus Berlin wahrlich nicht zählen. Ohne das klare Ja der Mitglieder zur Neuauflage einer Koalition mit der Union wäre alles noch schlimmer gekommen.
Sollte die SPD nach der Landtagswahl vor knapp einem Jahr und der Bundestagswahl Ende September jetzt auch die Kommunalwahl richtig in den Sand setzen, könnte der Landesvorsitzende Stegner stärker unter Druck geraten. Im November hatte es erstmals auf einem Parteitag offene Rückzugsforderungen gegeben.
Stegner hat immer wieder betont, wie viel Herzblut er mit dem Posten des Landesvorsitzenden verbindet, den er seit elf Jahren innehat. Ob er zur nächsten Wahl im April 2019 wieder antritt, will der 58-Jährige nach bisherigem Stand erst zum Ende dieses Jahres verkünden. Ob er das durchhalten kann? Die Kandidatur der von ihm nicht wohlgelittenen Flensburger Oberbürgermeisterin Simone Lange für den Bundesvorsitz der Partei - diese Wahl steht am 22. April an - hat die ganze Gemengelage noch zusätzlich verschärft.
Der CDU-Landeschef, Ministerpräsident Daniel Günther, steuert die Kommunalwahl mit dem Regierungsbonus an. Interessant wird aber, inwieweit sich im Ergebnis niederschlägt, dass Günther Zusagen aus dem Landtagswahlkampf für größere Abstände zwischen Windanlagen und Wohnhäusern nicht einhalten kann. Auch die Tatsache, dass nur Kommunen mit gut gefüllter Kasse problemlos auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen verzichten können, kann Wählerstimmen kosten.
Die Kommunalwahl im Jahr 2013, damals regierte im Land eine Koalition aus SPD, Grünen und SSW (Südschleswigscher Wählerverband), hatte die CDU klar mit 38,9 Prozent für sich entschieden. Den Vorsprung zur SPD will Günther jetzt deutlich ausbauen, wie er vor Ostern ankündigte.
Gemessen am Abschneiden 2013 starten die Jamaika-Partner Grüne und FDP von ganz unterschiedlichen Ausgangspositionen zur Kommunalwahl. Die Grünen steigerten sich vor fünf Jahren auf 13,7 Prozent, während die FDP von 9,0 auf 5,0 Prozent abstürzte. Natürlich wollen beide Parteien diesmal zweistellig anschneiden; ihre Ergebnisse zur Landtags- und Bundestagswahl 2017 nähren diese Hoffnung.
Die AfD, die seit Mai vorigen Jahres im Landtag sitzt, war vor fünf Jahren noch nicht am Start. Ihr Abschneiden in den Kommunen ist schwer vorherzusagen. Der SSW, der nur im nördlichen Landesteil und auf Helgoland zur Wahl steht, will landesweit erneut rund drei Prozent der Stimmen holen.
Hoffnungsschimmer für den 6. Mai gibt es aber auch für die gebeutelte SPD. Die Sozialdemokraten gewannen im November in einem schon damals schwierigen politischen Umfeld recht überraschend mit Jan Lindenau die Bürgermeisterwahl in Lübeck und dann mit Elke Christina Roeder die Oberbürgermeisterwahl in Norderstedt. Vielleicht gibt ihnen das ja Mut in den letzten vier Wahlkampfwochen. »Wir hoffen natürlich, dass wir unsere Positionen in den Kommunen ausbauen können«, sagt Stegner. »Ich hoffe, dass es eine Konzentration auf kommunale Themen gibt.« dpa/nd
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