Etwas vom Wind abbekommen

Städte und Gemeinden könnten und sollten sich an Bürgerenergiegesellschaften beteiligen

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

Donnerstagmorgen in Berlin, Schiffbauerdamm, Haus der Bundespressekonferenz. Der Termin des Landesverbandes Windenergie Berlin-Brandenburg ist gerade beendet. Experten und Journalisten verlassen den Tagungsraum und sehen im Lichthof unvermittelt AfD-Frontmann Alexander Gauland, der sich gerade vor eine Fernsehkamera stellt. Das zufällige Zusammentreffen hat Pfiff. Schließlich ist die AfD mit ihren Zweifeln am Klimawandel alles andere als ein Verbündeter der Windenergiebranche. Die AfD macht Stimmung gegen Windräder und trifft damit den Nerv von Einwohnern, die mit solchen Anlagen in ihrer Nachbarschaft nicht einverstanden sind. Halbironisch haben Windradhersteller bereits versucht, die AfD von ihrer Haltung abzubringen. Sie haben gefragt: »Was gibt es denn Besseres als unseren deutschen Wind? Er macht uns unabhängig von arabischem Öl und russischem Gas!« Es hat nichts genutzt.

Doch weder die AfD noch andere Windradgegner konnten verhindern, dass in Brandenburg im vergangenen Jahr noch einmal 171 neue Windkraftanlagen mit einer Nennleistung von zusammen 550 Megawatt errichtet worden sind. »2017 war ein Rekordjahr«, bemerkt Jan Hinrich Glahr, Vorsitzender des Landesverbandes Windenergie. Für 2018 rechnet er aufgrund der bereits erteilten Baugenehmigungen mit weiteren 400 Megawatt. Wie es danach weitergeht, das hängt von den politischen Rahmenbedingungen ab und auch davon, ob die Projekte auf Gegenliebe oder auf Gegenwehr stoßen.

»Ein weiterer Ausbau wird nur stattfinden können, wenn die Bürger sehen, dass die Städte und Gemeinden und damit letztendlich sie selbst einen signifikanten Ertrag von den Windrädern haben«, meint Sebastian Kunze, der sich als Referent beim brandenburgischen Städte- und Gemeindebund schon jahrelang mit der Thematik befasst. Im vergangenen Jahr haben sogenannte Bürgerenergiegesellschaften die Ausschreibungen für 211 neue Anlagen gewonnen. Die Gesellschaften sind gesetzlich verpflichtet, den Standortgemeinden eine Beteiligung von mindestens zehn Prozent anzubieten.

In Brandenburg sei es selbst Kommunen in schwieriger Haushaltssituation erlaubt, Windräder komplett oder teilweise zu besitzen, lobt Kunze die vom Landtag eingeräumten Möglichkeiten. Doch oft bereite die Kommunalaufsicht des Innenministeriums Schwierigkeiten, weil sie ein finanzielles Risiko für die Städte und Gemeinden fürchte, berichtet der Referent. Als Beispiel schildert, wie die Kommunalaufsicht in einem Fall nicht zustimmen wollte, bevor ihr die Police einer Windflauten-Versicherung vorgelegt wird. So sollte für eine Zeit vorgesorgt werden, in der nicht genug Wind blasen und das Windrad deswegen nicht rentabel sein könnte. An der Versicherung sei die Beteiligung der Kommune schließlich gescheitert.

Jan Hinrich Glahr vom Landesverband Windenergie findet es verständlich, wenn die Kommunalaufsicht genau hinschaut. Schließlich kann er den Bürgermeistern nicht definitiv versprechen, dass Windräder immer Gewinn fürs Stadtsäckel abwerfen. Es sollten den Kommunen seiner Ansicht nach jedoch ermöglicht werden, bei Bürgerenergiegesellschaften einzusteigen.

Für die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes muss die Windenergiebranche als kleine Entschädigung Summen an den Naturschutzfonds Brandenburg überweisen. Insgesamt 9,1 Millionen Euro sind es 2017 gewesen. Die Gelder müssen im selben Landkreis eingesetzt werden, aber nicht unbedingt in der Gegend, in der die Windräder stehen. Das trägt nicht gerade zu mehr Akzeptanz bei.

Auf Windräder im Wald möchte Glahr nicht verzichten, obwohl sich Bürgerinitiativen wie »Waldkleeblatt« unter anderem wegen der Schwerlasttransporte in den Forst Sorgen machen. Tilmar-Tobias Grähn vom Windanlagenhersteller Enercon versichert aber, dass man sich allein schon wegen des Kostendrucks bemühe, möglichst viele Komponenten fertig ab Werk zu liefern, um die Zahl der notwendigen Transporte zu reduzieren, was zunehmend gelinge.

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