Kein Anspruch auf Staatshaftung
Brandenburg/Havel. Eigentümer von Grundstücken in Brandenburg haben keinen Anspruch auf Staatshaftung bei rechtswidrig erhobenen Beiträgen für alte Anschlüsse an die Kanalisation. Dies erklärte das Oberlandesgericht Brandenburg (OLG) am Dienstag in einem Grundsatzurteil. Demzufolge hatten nicht die Wasser- und Abwasserzweckverbände im Jahr 2004 die Erhebung später für rechtswidrig erklärter Beitragsforderungen ermöglicht, sondern der Landtag sei dies gewesen. Anspruch auf Schadenersatz gebe es aber nach dem Staatshaftungsgesetz nur bei rechtswidrigem Handeln von Behörden und Verwaltungen, urteilte das OLG. Es ließ allerdings Revision zu, so dass die Angelegenheit vor dem Bundesgerichtshof landen könnte. Es geht um Kanalanschlüsse, die vor dem Jahr 2000 gelegt worden sind.
In dem Musterverfahren hatte ein Ehepaar aus Bad Saarow (Oder-Spree), das gut 1000 Euro ohne Widerspruch gezahlt hatte, den zuständigen Wasserverband auf Staatshaftung verklagt. Doch das OLG hatte den sogenannten Altanschließern bereits am ersten Verhandlungstag im März keine Hoffnung gemacht, dass sie ihr Geld auf diesem Wege zurückerhalten.
Es sind noch Hunderte Verfahren anhängig, bei denen es unter Berufung auf das in Brandenburg weiter geltende DDR-Staatshaftungsgesetz um Schadenersatz für widerspruchslos geleistete Beitragszahlungen von mehreren zehntausend Euro geht.
Das Bundesverfassungsgericht hatte im November 2015 geurteilt, dass die von Wasserverbänden rückwirkend erhobenen Beiträge rechtswidrig seien. Anspruch auf Rückzahlung haben aber dem Bundesverfassungsgericht zufolge nur die Grundstückseigentümer, die sich gegen ihre Beitragsbescheide gewehrt haben. Seitdem dies klar ist, wird darum gestritten, wer allein schon wegen der Gerechtigkeit den anderen Eigentümern die Beiträge erstattet.
In Reaktion auf das Urteil vom Dienstag beantragt der Abgeordnete Péter Vida (Freie Wähler) im Landtag, die Rückzahlung aller Beiträge bis Ende 2021 aus Landesmitteln. Dazu solle bis Ende 2018 ein Finanzierungskonzept erstellt werden, verlangt Vida. Er begründet sein Ansinnen so: Das Land sollte »einen großen Schritt zur Wiederherstellung des sozialen Friedens tun und weitere, für Zweckverbände und Bürger kosten- und zeitintensive juristische Auseinandersetzungen vermeiden«. Der Abgeordnete Hans-Jürgen Scharfenberg (LINKE) meinte, die Revision bleibe abzuwarten. Die Diskussion sei nicht zu Ende. dpa/nd
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