Familien-Feiertag in Sachsen vorgeschlagen
Ministerpräsident Kretschmer wollte die aktuelle Debatte gern beenden, doch LINKE, SPD und DGB sind anderer Ansicht
Dresden. Die Diskussion über die Feiertage in Deutschland hat Sachsen erreicht. Im Zusammenhang mit den Plänen für einen zehnten Feiertag am Reformationsfest in vier Nord-Bundesländern plädierte die LINKE-Landtagsfraktion für einen Familien-Feiertag. Es stünde dem Land gut zu Gesicht, einen Feiertag für die Familie einzuführen, der sich am Kindertag orientiert, sagte LINKE-Chef Rico Gebhardt in Dresden. Er reagierte damit auf die Kritik von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) an den Bestrebungen im Norden in der »Neuen Osnabrücker Zeitung«. SPD-Fraktionschef Dirk Panter warnte indes vor einer »Neiddebatte«.
»Mehr Zeit, um mit den Kindern zu spielen, brauchen nicht nur der Ministerpräsident und ich, sondern viele Menschen«, argumentierte Gebhardt. Ein Familien-Feiertag passe als nichtkonfessioneller Feiertag zu einer Gesellschaft, die zu drei Vierteln nicht religiös, aber an humanistischen Werten des Zusammenlebens interessiert sei. Es wäre ein starkes Signal an Familien, vor allem in Zeiten ständiger Arbeitsverdichtung und wachsenden Berufsstresses, warb Gebhardt.
Nach Ansicht von Regierungschef Kretschmer verteuern gesetzliche Feiertage die Arbeit in Deutschland. Es grenze an Übermut, wenn deutschen Unternehmen angesichts der wachsenden internationalen Konkurrenz neue Belastungen aufgeladen würden. Gebhardt nannte diese Auffassung »völlig aus der Zeit gefallen«. Sachsen liege mit derzeit elf Feiertagen im Jahr im Mittelfeld und Bayern mache mit 13 Feiertagen vor, »dass das auch wirtschaftlich gut tut«.
SPD-Fraktionschef Panter will lieber eine Debatte über das Ende der seit über 20 Jahren dauernden Ungerechtigkeit beim Buß- und Bettag. Der war im Jahr 1995 in allen Ländern als arbeitsfreier Tag abgeschafft worden, nur in Sachsen nicht. Die Arbeitnehmer zahlen dafür einen erhöhten Beitrag zur Pflegeversicherung und müssten endlich entlastet werden. Die SPD ist Koalitionspartner der CDU.
Nach Ansicht von Kretschmer würden neue Feiertage im Norden die Ungleichheit unter den Ländern verstärken. Geplant und teilweise schon beschlossen ist die Einführung des arbeitsfreien Feiertags am Reformationstag in Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Bremen. Sachsens DGB-Vorsitzender Markus Schlimbach kritisierte Kretschmers Äußerungen scharf. Er solle sich lieber um die Probleme im eigenen Land kümmern als politische Entscheidungen anderer Bundesländer zu kommentieren, sagte er. Seine Aufgabe wäre es, sich für einheitliche Beiträge zur Pflegeversicherung und die Entlastung sächsischer Arbeitnehmer einzusetzen. dpa/nd
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