- Politik
- Gewerkschafter gegen Amazon
Protest gegen Preis für Jeff Bezos
Amazon-Aktion in Berlin und europaweite Streiks geplant
Der seit Jahren anhaltende Protest gegen Arbeitsbedingungen, Geschäftspraktiken und Gebaren des weltumspannenden Online-Versandhändlers Amazon wird am kommenden Dienstag mitten in der Bundeshauptstadt zum Ausdruck kommen. An diesem Tag nämlich möchte der Axel-Springer-Verlag Amazon-Chef Jeff Bezos persönlich für sein »visionäres Geschäftsmodell« und sein »Talent für Innovationen« mit der Verleihung des »Axel Springer Award« ehren. Der Internationale Gewerkschaftsbund (IGB) hatte Bezos, der neben Microsoft-Gründer Bill Gates als reichster Mann der Erde gilt, im Jahr 2014 zum »schlimmsten Chef des Planeten« gekürt.
»Kein Award für Ausbeutung - wir stellen uns quer!«, so das Motto des linken Bündnisses »Make Amazon Pay (MAP). Beschäftigte, Gewerkschafter und Amazon-Kritiker betrachten die Preisverleihung an Bezos als zynische Provokation und wollen die Gelegenheit nutzen, um ihren Unmut vor Ort auszudrücken. Allein aus dem hessischen Bad Hersfeld, wo vor fünf Jahren der erste Streik für einen Tarifvertrag für den Einzel- und Versandhandel stattfand, werden am Vormittag zwei Busse nach Berlin aufbrechen. Der Großteil der Mitreisenden kommt direkt aus der Belegschaft.
Das «visionäre Geschäftsmodell» von Amazon, von dem der Axel-Springer-Verlag schwärmt, stützt sich nach Aussagen der Kritiker vor allem auf die systematische Ausbeutung von Arbeitskräften. «Keine Tarifverträge, Lohndruck und prekäre Jobs, Arbeitshetze und permanente Überwachung - das ist nicht unsere Zukunft», erklärt MAP-Sprecherin Maria Reschke gegenüber «nd».
Bei den Vorbereitungstreffen für die Proteste am 24. April waren auch GewerkschafterInnen aus Polen anwesend. Diese transnationale Kooperation, die bei einem global agierenden Konzern wie Amazon notwendig ist, um einen Arbeitskampf zu gewinnen, ist auch ein Verdienst der außerbetrieblichen Amazon-Solidarität. Ein Großteil der aktiven Beschäftigten im Amazon-Werk Poznań ist bei der anarchosyndikalistischen Workers Initiative (IP) organisiert. Auch in Polen ist die Kampfbereitschaft gewachsen. Neben der IP will sich die Gewerkschaft Solidarnoc an den Protesten gegen die Preisverleihung beteiligen. Sie ist der polnische Bündnispartner der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und hat im zweiten polnischen Amazon-Werk in Wroclaw einigen Einfluss. Auch die LINKE-Bundestagsabgeordnete Sabine Leidig unterstützt den Protest. Das MAP-Bündnis will am 24. April vom Kreuzberger Oranienplatz zum nahe gelegenen Springer-Hochhaus ziehen. Dort will auch das Netzwerk Attac vor Ort sein und die Steuervermeidungsstrategie des Konzerns anprangern.
Gewerkschaften planen weitere Aktionen. Dabei könnte es erstmals zu europaweiten Streiks kommen. Bei einem Treffen von Betriebsräten aus Europa und Nordamerika am Donnerstag und Freitag in Rom wollten sie Kooperationsmöglichkeiten ausloten. Dabei stehe unter anderem auf der Tagesordnung, «inwiefern wir international synchronisierte Streiks an den umsatzstärksten Tagen realisieren können», sagte der für Amazon zuständige Vertreter der Gewerkschaft ver.di, Thomas Voß. In einem ersten Schritt sei ein gemeinschaftlicher Streik mit Beschäftigten aus Italien und Spanien möglich, sagte Voß. «Gewerkschaften können im nationalen Rahmen nichts gegen Global Player wie Amazon ausrichten.»
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.