Höchste Eisenbahn in Wilhelmsruh

Reaktivierung der Stammstrecke der Heidekrautbahn ist möglich, muss aber schnell gehen

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

Es sei »höchste Eisenbahn« zu handeln, findet die Landtagsabgeordnete Margitta Mächtig (LINKE). Ihrer Ansicht nach würde es den wachsenden Pendlerströmen nach Berlin Rechnung tragen, die historische Stammstrecke der sogenannten Heidekrautbahn zu reaktivieren. Es würde auch neue Siedlungsräume eröffnen und Druck von Städten und Gemeinden im Umland der Bundeshauptstadt nehmen, in denen es wie in Bernau an Wohnungen und Eigenheimen mangelt.

Die Idee dahinter: Eine Stunde zur Arbeit fahren wird innerhalb Berlins als normal empfunden. Wenn es so ist, dann ist auch eine Stunde Weg ins Umland zumutbar. In einer Stunde kommt der Berufspendler abends jedoch viel weiter raus aufs Land, wenn die Heidekrautbahn nach Groß Schönebeck in der Schorfheide nicht wie gegenwärtig erst am Berliner Bahnhof Karow losfährt, sondern näher am Zentrum, was Umsteigezeit einspart. Dazu müsste eine Verbindung bis nach Berlin-Gesundbrunnen hergestellt werden.

Das fordert auch Oberhavels Landrat Ludger Weskamp (SPD). »Nördlich von Berlin wächst die Hauptstadtregion am stärksten«, erinnert er. Die Sicherung der Mobilität in diesem Bereich sei in den kommenden Jahren »eine der größten Herausforderungen für die Länder Berlin und Brandenburg«. Die Wiederinbetriebnahme der Stammstrecke der Heidekrautbahn über Wensickendorf, Mühlenbeck und Schildow nach Gesundbrunnen sei ein Vorhaben, »das mit relativ geringem Aufwand an Planung und Kosten kurzfristig umgesetzt werden kann«.

Schätzungsweise 17 Millionen Euro würde dies kosten. Der Landkreis Oberhavel ist bereit, bis zu 15 Millionen Euro zur Vorfinanzierung bereitzustellen.

Der Verzicht auf die Stammstrecke war ein Ergebnis des Mauerbaus 1961. Damals ist der Berliner Bahnhof Wilhelmsruh erst kurzfristig geschlossen und dann abgerissen worden. Später wurde der Personenverkehr auf diesem Streckenabschnitt eingestellt. Heute gibt es dort lediglich auf 12,5 Kilometern Güterverkehr zum Schienenfahrzeughersteller Stadler. Der 13,9 Kilometer lange Abschnitt zwischen Wilhelmsruh und dem Abzweig Schönwalde müsste für den Personenverkehr erst einmal ertüchtigt werden. Zunächst müsste außerdem lediglich ein Lückenschluss auf 1,2 Kilometern erfolgen und der Bahnhof Wilhelmsruh - nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen S-Bahn-Station - wäre neu zu bauen. Innerhalb von zweieinhalb bis drei Jahren wäre eine Inbetriebnahme möglich. 1979 täglich zusteigende Fahrgäste sind allein für Wilhelmsruh prognostiziert, 71 für Pankow-Park, 149 für den Wilhelmsruher Damm, 974 für Schildow, 487 für Mühlenbeck und 607 für Schönwalde-West. Das entspräche einem Plus von 43 Prozent gegenüber dem Ist-Zustand. Bei einer Durchbindung bis Berlin-Gesundbrunnen, die später erfolgen könnte und sollte, wäre das Fahrgastpotenzial sogar noch deutlich größer.

Die Niederbarnimer Eisenbahn AG (NEB) plant zunächst einen Ein-Stunden-Takt zwischen Basdorf und Wilhelmsruh. Die aktuelle Regionalbahnverbindung nach Karow soll deswegen nicht aufgegeben werden. Es muss nur schnell gehen, weil das bereits bestehende Baurecht für den Bahnhof Wilhelmsruh Anfang 2021 ausläuft.

Lässt man diese Frist verstreichen, »kostet das unnötig Zeit und Geld«, warnt die Landtagsabgeordnete Mächtig. Ihr zufolge müsste es hier darum gehen, die ohnehin im Berufsverkehr verstopften Straßen zu entlasten und den umweltfreundlicheren Personennahverkehr auf der Schiene zu fördern. Auch Landrat Weskamp ist der Ansicht, dass die erwünschte direkte Zuganbindung brandenburgischer Gemeinden ans Berliner Zentrum dazu beitragen könnte, »das hochbelastete Straßennetz deutlich vom Autoverkehr zu entlasten«.

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