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  • Marketing-Aktion vor Internetmesse

Soldaten unerwünscht: Bundeswehr provoziert vor der Re:Publica

BesucherInnen ärgern sich über »aufdringliche« Soldaten / Veranstalter und Experten kritisieren Auftritt

  • Moritz Wichmann
  • Lesedauer: 4 Min.

Berlin. Die Bundeswehr hat mit einer Guerilla-Marketing-Aktion BesucherInnen der Digitalmesse Re:Publica verärgert. Von rechten Medien und Bloggern gab es dagegen Beifall. »Zu bunt gehört auch grün«, stand auf einem Werbewagen, mit dem die Bundeswehr am Dienstag vor dem Veranstaltungsgelände am Gleisdreieck vorfuhr. Dann verteilten Soldaten in Kampfuniform Flyer. Das kam nicht gut an bei einigen BesucherInnen.

»Vor dem Vortrag von Chelsea Manning, die als Whistleblowerin Menschenrechtsverletzungen des Militärs an die Öffentlichkeit brachte, muss man an der Werbebrigade der Bundeswehr vorbei. Genau mein Humor«, kommentierte ein Twitter-Nutzer. Bloggerin Anne Roth und andere fanden deutlichere Worte. Die Soldaten hätten »pampig« reagiert, wenn man nicht mit ihnen reden wolle, seien »unangenehm und aufdringlich« aufgetreten. Auch eine, nach eigenen Angaben über 50-jährige Besucherin der Konferenz. berichtet auf Facebook, die Reaktion der Soldaten sei wenig freundlich gewesen, nachdem sie es »höflich« abgelehnt habe, Flyer mitzunehmen.

Mit der Aktion »empörte« sich die Bundeswehr darüber, dass ihr ein Stand auf der Digitalmesse Re:Publica verwehrt worden war und Soldaten in Uniform bei der Veranstaltung unerwünscht sind. »Nachdem die Bundeswehr im vergangenen Jahr keinen Stand haben durfte, weil die Anmeldung angeblich zu spät erfolgt sei, konnten die Organisatoren diese Begründung in diesem Jahr nicht anführen. Nun verweigern sie unseren Soldaten aber den Zutritt in Uniform«, erklärte die Bundeswehr am Mittwoch via Facebook. »Zu bunt gehört auch grün!«, hieß es. »Die vorgebliche Toleranz der Konferenz hat also seine Grenzen - Uniformen sind unbequem.«

Derweil bekräftigten die Organisatoren, dass ihrer Meinung nach ein Bundeswehr-Stand nicht passend für die Digitalkonferenz sei. »Wir stehen immer noch dazu, dass wir keine Uniformen hier auf dem Gelände haben wollen. Und wir wollen auch keinen Stand, auf dem die Bundeswehr für sich und Rekrutierungsarbeit leistet«, sagte Mitgründer Markus Beckedahl der Deutschen Presse-Agentur. »Wir stehen für eine lebenswerte digitale Gesellschaft und nicht für eine Militarisierung des Internets.« Auf Twitter wies Re:Publica-Mitgründer Johnny Haeusler auch noch auf einen weiteren Aspekt hin. Man habe einen Rekrutierungsstand der Bundeswehr abgelehnt, aber durchaus mit den Militärs auf Veranstaltungen diskutieren wollen, schreibt er auf Twitter. »Doch eine Debatte mit verschiedenen Akteuren wollte die Bundeswehr nicht«, so Haeusler.

Kritik an der Aktion kam auch von Fachjournalisten. Die Aktion mit dem Truck »schien zunächst pfiffig«, schreibt Thomas Wiegold. Doch die Inszenierung der Staatsmacht als David gegen Goliath sei unpassend, auch das Beharren auf einen Auftritt in Uniform »unsinnig«, die provozierten Reaktionen im Internet »vorhersehbar«. Der Journalist schreibt über Verteidigungspolitik. Der ehemalige Reserveoffizier und Kommunikationsberater Sascha Stolenow erklärt, der Auftritt sei »nicht dialogorientiert sondern auf Spaltung ausgerichtet« gewesen.

Die Bundeswehr habe versucht, die Internetkonferenz zu »trollen«, habe sich aufgedrängt, sich in den sozialen Netzwerken in eine »Opferrolle« begeben und sich einer Argumentation bedient, die an Verschwörungstheoretiker erinnere, schrieb Medienblogger Thomas Knüwer. Er selbst war Wehrdienstleistender und ist nach eigenen Angaben auch Befürworter von Kampfeinsätzen und humanitären Einsätzen. Uniformen seien »nicht bunt« sondern eine »Machtbekundung«. Auf der liberal bis linken, auf jeden Fall aber pazifistischen Konferenz, habe die Bundeswehr »nichts verloren«, sie wisse offenbar nicht, wie die digitale Gesellschaft »ticke«. Knüwer wies auch daraufhin, dass der Beifall für die Aktion in sozialen Medien vor allem aus dem rechten Lager komme.

Neben rechten Kommentaren über angebliche Zensur gab es auch solche, die ein Verbot der Re:Publica forderten. Auch rechte Medien nutzten die Vorlage für Polemik. Die Veranstalter der Internetmesse seien »verstaubte Digitalrebellen«, »engstirnig« und desinteressiert an der »Wirklichkeit« außerhalb ihrer Blase, kommentiert Welt-Chefredakteur Ulf Poschardt in einem Beitrag. Nebenbei ätzte er noch gegen Whistleblowerin Chelsea Manning als »Verräterin« und polemisierte gegen naiven militanten Pazifismus.

Kritik an der Re:Publica kam auch von CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer. »Wer für bunte und offene Diskurse eintritt und seine Konferenz unter das Motto #PowerOfPeople stellt, sollte dann auch konsequent sein«, twittert sie. »Ausschluss der #Bundeswehr von der #rp18 ist schlechter Stil gegenüber unseren Soldatinnen und Soldaten.« mit Agenturen

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