- Politik
- Katalonien will die Unabhängigkeit
Torra schwört Puigdemont die Treue
Designierter katalanischer Regionalpräsident erreicht im ersten Wahlgang nicht die erforderliche Mehrheit / »Wir werden dem Mandat des 1. Oktobers treu bleiben«
Barcelona. Das katalanische Parlament hat am Samstag mit der Debatte über die Wahl von Joaquim Torra zum Regionalpräsidenten begonnen. Er wolle klarstellen, dass »unser Präsident Carles Puigdemont ist«, sagte der mögliche Nachfolger des derzeit in Berlin im Exil lebenden Puigdemonts zu Beginn der Parlamentssitzung. »Wir werden dem Mandat des 1. Oktobers treu bleiben, einen unabhängigen Staat zu bilden«, fuhr Torra fort.
Der von der Regierung in Madrid abgesetzte Ex-Regionalpräsident Puigdemont hatte am Donnerstag auf eine Wiederwahl verzichtet und den parteilosen Torra als seinen Nachfolger vorgeschlagen. Der 55-Jährige ist ein Neuling in der Politik, der Unabhängigkeitsbewegung jedoch stark verbunden. Er bedauere »das nicht hinnehmbare Schweigen« der EU in der katalanischen Krise, sagte Torra. Gleichwohl machte er deutlich, dass er einen »bedingungslosen« Dialog mit Madrid anstrebe.
Die Separatisten würden weiter »unermüdlich arbeiten«, um die Unabhängigkeit der Region im Nordosten Spaniens zu erreichen, sagte Torra am Samstag bei der Präsentation seines Regierungsprogramms im Parlament in Barcelona.
Torra kann im Prinzip mit einer Mehrheit im katalanischen Parlament rechnen, da er von Puigdemonts Mitte-rechts-Bündnis Junts per Catalunya (JxCat, Zusammen für Katalonien) und der anderen großen Unabhängigkeitspartei Republikanische Linke (ERC) unterstützt wird. Er muss sich allerdings auf eine Enthaltung der vier Abgeordneten der linken Unabhängigkeitspartei Kandidatur der Volkseinheit (CUP) verlassen, die für niemanden außer Puigdemont abstimmen will.
Bei der Abstimmung erhielt Torra 66 von insgesamt 135 Stimmen, nur zwei fehlten ihm zur absoluten Mehrheit. Die 65 Abgeordneten der Opposition votierten geschlossen gegen ihn. Dieses Ergebnis würde dem Separatisten am Montag reichen.
Der 55-Jährige Anwalt und Schriftsteller verpasste im ersten Wahlgang zwar die nötige absolute Mehrheit der Stimmen. Es gilt derweil als sicher, dass er bei der für Montag angesetzten zweiten Abstimmung, bei der schon eine einfache Mehrheit reicht, zum Regierungschef gewählt werden wird. Wenn es aber bis zum 22. Mai keine neue Regierung gibt, müssen die Katalanen neu wählen.
Spaniens konservativer Regierungschef Mariano Rajoy hob nach der Rede von Torra hervor: »Das, was wir gesehen und gehört haben, hat uns nicht gefallen.« Er fügte aber hinzu: »Wir werden ihn an seinen Taten messen.«
Madrid hatte Ende Oktober die direkte Kontrolle über Katalonien übernommen und die von Puigdemont geführte Regionalregierung ihres Amtes enthoben, nachdem das Parlament in Barcelona die Unabhängigkeit Kataloniens erklärt hatte. Zahlreiche Anführer der Unabhängigkeitsbefürworter sitzen seither im Gefängnis oder sind wie Puigdemont im Exil. Madrid wirft ihnen »Rebellion« vor und will sie verurteilt sehen. Agenturen/nd
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