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  • Gasförderung in Niedersachsen

Keine Koalition zum Fracking

Minister Althusmann wählt unkonventionelle Methode gegenüber SPD und erwägt im Alleingang Probebohrungen

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Gift im Grundwasser, mit schädlichen Substanzen belastete Böden und sogar lokale Erdbeben: All das droht durch die Erdgasförderung per Fracking in höheren Gesteinsschichten, befürchten Kritiker dieses Verfahrens. Zu ihnen zählt auch Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies. Schon zur Zeit der rot-grünen Koalition, als der SPD-Politiker noch an der Spitze des Wirtschaftsministeriums stand, hatte er das sogenannte unkonventionelle Fracking abgelehnt. Und er bleibt seiner Haltung treu, auch wenn sich dadurch nun ein Streit mit dem schwarzen Koalitionspartner entwickeln dürfte.

Dessen Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) will es offensichtlich trotz aller Bedenken in Niedersachsen, dem erdgasreichsten Bundesland, mal mit der umstrittenen unkonventionellen Bohrmethode versuchen. Bei ihr werden Sand, Wasser, aber auch so gefährliche Stoffe wie Quecksilber und Benzol in erdgashaltiges Gestein gepresst, etwa in Schiefer-, Ton-, Mergel- oder Kohleschichten. In ihnen entstehen unter dem Druck des giftigen Gemisches zahlreiche Risse, diese geben sodann das Gas frei, das über Leitungen nach oben gelangt.

Die Gesteinsschichten, aus denen das Erdgas strömt, liegen zu nah am Grundwasser, und dieses könnte durch die giftige Pressbrühe belastet werden, warnen die Gegner des Verfahrens. Es ist in Deutschland verboten - im Gegensatz zum »konventionellen« Fracking. Dabei wird tiefer gebohrt, in Sandstein, und damit in Bereiche unterhalb der Grundwasservorkommen. Auch muss nur eine geringere Menge Frackflüssigkeit eingebracht werden als beim unkonventionellen Fracking, weil das Gas aus tieferen Schichten leichter entweicht.

Das Bundesgesetz, das dem unkonventionellen Fracking 2016 einen Riegel vorschob, lässt eine Ausnahme zu. Insgesamt »vier Erprobungsmaßnahmen zum Zweck der wissenschaftlichen Erforschung von Auswirkungen auf die Umwelt« sind gestattet, sofern die jeweilige Landesregierung zustimmt. Diesen Passus will Bernd Althusmann offensichtlich ausnutzen und Probebohrungen zulassen. Zumindest schließe der Minister das nicht aus, wie ein Sprecher seines Hauses auf Fragen von Journalisten mitteilte. Allerdings seien Genehmigungen zum Bohren nur »nach gründlicher Einzelfallprüfung« denkbar.

Grundsätzlich nicht denkbar ist die unkonventionelle Methode jedoch für Olaf Lies. Auch nicht für Probebohrungen. Wie seine Sprecherin vor der Presse erklärte, werde der Umweltminister an dem Beschluss von 2017 festhalten, mit dem Niedersachsen jenes Verfahren untersagte. Gleichlautende Entscheidungen trafen seinerzeit Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Bremen, Hamburg, Thüringen, Hessen, Baden-Württemberg und Bayern.

Dass Bernd Althusmann nun wohl ausscheren möchte aus dem Kreis derer, die das unkonventionelle Bohren und Pressen generell ablehnen, erzürnt die oppositionellen Grünen im Landtag. »Ohne Not« wolle Bernd Althusmann sich offenbar im Alleingang alle Optionen offenhalten, um Fracking-Maßnahmen in unkonventionellen Lagerstätten zulassen zu können, meint Imke Byl, umweltpolitische Sprecherin der Ökopartei. Sie fordert namens ihrer Fraktion: Die Landesregierung möge »mit einer Stimme sprechen« und unkonventionelles Fracking, das auch bei Probebohrungen Risiken berge, »mit allen Mitteln ausschließen«.

Doch um ein »Sprechen mit einer Stimme« in Sachen Fracking hat sich die Landesregierung bis jetzt offenbar noch nicht bemüht. Zumindest nicht in der gesamten Ministerrunde. Dazu gefragt, teilte die Staatskanzlei jetzt mit: »Eine Befassung im Kabinett hat es zu diesem Thema seit der Regierungsbildung im November 2017 nicht gegeben.«

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