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- US-Botschaft in Israel
Eröffnung mit hohem Risiko
USA weihen Botschaft in Jerusalem ein / Israel feiert am Montag den 70. Jahrestag seiner Staatsgründung / Al-Kaida ruft zum Dschihad auf
Jerusalem. Rund fünf Monate nach der umstrittenen Ankündigung von US-Präsident Donald Trump wird am Montag die US-Botschaft in Jerusalem eröffnet. Die Einweihungszeremonie findet um 16.00 Uhr Ortszeit (15.00 Uhr MESZ) mit rund 800 geladenen Gästen statt – Trump selbst ist nicht nach Jerusalem gereist. Angesichts erwarteter massiver Proteste der Palästinenser sind die israelische Polizei und das Militär im Großeinsatz. Das Terrornetzwerk Al-Kaida rief Muslime vor dem Hintergrund der Botschaftseröffnung zum Dschihad gegen die USA auf.
An der Einweihung des US-Botschaftsgebäudes in Jerusalem, welches bislang ein US-Konsulatsgebäude war, nimmt eine Delegation des Weißen Hauses teil, zu der Trumps Tochter und Beraterin Ivanka und ihr Ehemann Jared Kushner zählen. Auch US-Vizeaußenminister John Sullivan und US-Finanzminister Steven Mnuchin nehmen an der Eröffnungszeremonie teil.
Weit von Palästina entfernt
Die Palästinenser in der Knesset sind gespalten: Einige lehnen den Staat Israel ab, andere werben für Koexistenz
Heikel ist auch das Datum der Botschaftseröffnung: Israel feiert am Montag den 70. Jahrestag seiner Staatsgründung. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu sagte bei einem Empfang der US-Delegation am Sonntagabend, Jerusalem sei in den vergangenen 3000 Jahren die Hauptstadt des jüdischen Volks gewesen und sei seit 70 Jahren die des Staates Israel. »Es wird für immer unsere Hauptstadt bleiben«, bekräftigte Netanjahu. Sullivan sagte, die US-Botschaft in Jerusalem sei »eine lange überfällige Anerkennung der Realität«.
Trump hatte am 6. Dezember verkündet, die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen. Damit brach er mit der jahrzehntelangen US-Politik, da die Botschaftsverlegung die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels durch die USA bedeutet. US-Außenminister Mike Pompeo und Trumps Nationaler Sicherheitsberater John Bolton erklärten am Sonntag, der Friedensprozess sei durch die Botschaftsverlegung nicht gefährdet.
Der endgültige Status Jerusalems ist allerdings einer der größten Streitpunkte im Nahost-Konflikt. Die Palästinenser beanspruchen den 1967 von Israel besetzten und 1980 annektierten Ostteil Jerusalems als künftige Hauptstadt des von ihnen angestrebten eigenen Staates. Trumps Ankündigung hatte zu massiven Protesten in muslimischen Ländern geführt.
Für Montag wird anlässlich der Botschaftseinweihung mit massiven Protesten der Palästinenser an der Grenze des Gazastreifens zu Israel und möglicherweise auch andernorts gerechnet. Nach Angaben der israelischen Armee werden zusätzliche Infanterie-Brigaden an der Grenze zum Gazastreifen und im besetzten Westjordanland stationiert. In Ost-Jerusalem sollen tausend Polizisten das Gelände der neuen US-Botschaft bewachen.
Am Dienstag jährt sich zum 70. Mal die Nakba (deutsch: Katastrophe oder Unglück). An diesem Tag erinnern die Palästinenser an die Vertreibung und Flucht von rund 760.000 Landsleuten, die 1948 auf die Gründung des Staates Israel folgten. Die Palästinenser haben für Montag und Dienstag Proteste angekündigt.
Der Chef des Terrornetzwerks Al-Kaida, Aiman al-Sawahiri, rief Muslime vor der US-Botschaftseröffnung zum Dschihad gegen die USA auf. Trumps Entscheidung habe gezeigt, dass Verhandlungen und »Beschwichtigungen« den Palästinensern nichts gebracht hätten, sagte al-Sawahiri am Sonntag laut dem auf die Überwachung islamistischer Internetseiten spezialisierten US-Unternehmen SITE in einer Video-Botschaft. Er rief seine Anhänger auf, zu den Waffen zu greifen.
Der Chef der Delegation der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) in Washington, Husam Somlot, erklärte am Sonntag, der US-Botschaftsumzug sei ein weiterer Schritt hin zu »vollständiger Apartheid«. Die US-Regierung habe sich »tragischerweise« dazu entschieden, sich auf die Seite Israels beim Anspruch auf eine Stadt zu stellen, die seit Jahrhunderten allen Religionen heilig sei. »Der heutige Schritt führt zu einem religiösen Konflikt statt zu würdevollem Frieden.«
Der Chef der im Gazastreifen herrschenden radikalislamischen Hamas, Ismail Hanija, sprach am Sonntag vor den geplanten Protesten in dem Palästinensergebiet in Ägypten mit dem dortigen Geheimdienstchef Abbas Kamel. In arabischen Medien war spekuliert worden, dass Ägypten, das mit Israel einen Friedensvertrag unterhält, Erleichterungen bei der israelischen Blockade des Gazastreifens und wirtschaftliche Erleichterungen erzielen könnte, wenn die palästinensischen Demonstranten im Gegenzug nicht versuchten, den Grenzzaun zu Israel zu durchbrechen. AFP/nd
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