Profitgier ist in der Pflege das falsche Wort

Altenpfleger müssen besser entlohnt werden. Aber wer soll das bezahlen?

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Brandenburgs LINKE startete am Sonnabend eine Kampagne »Menschen vor Profite: Pflegenotstand stoppen!« In einer von Landesgeschäftsführer Stefan Wollenberger unterzeichneten Erklärung heißt es: »Die Pflege in Deutschland ist ein Pflegefall. Personalnot, Kostendruck und Profitgier bestimmen den Alltag des Pflegepersonals und führen zu einer permanenten Überlastung.« Es sei »nicht hinnehmbar«, dass sich die Arbeitsbedingungen Jahr für Jahr vor allem durch den wachsenden Personalmangel weiter verschlechtern. Die LINKE fordert für die Pflegebranche einen Mindestlohn von 14,50 Euro die Stunde.

Tatsächlich werden Pflegeheime und Pflegedienste zum Teil von gewinnorientierten Unternehmen betrieben, jedoch oft auch von Wohlfahrtsorganisationen. Den Vorwurf der »Profitgier« nennt Andreas Heil, Vorstandsmitglied der brandenburgischen Volkssolidarität, »nicht richtig«. Vielmehr müssten die Pflegedienste darauf achten, betriebswirtschaftlich handlungsfähig zu bleiben, denn mit einer Insolvenz sei niemandem gedient, und Insolvenzverschleppung sei ein Straftatbestand.

Angesichts der Personalnot könne sich derzeit kein Pflegeunternehmen leisten, »nicht jeden Euro, den es erübrigen kann, in die Mitarbeiter zu stecken«. Das diene schlicht dem Ziel, »überhaupt Mitarbeiter zu haben«. Der Verbandsratsvorsitzende der brandenburgischen Volkssolidarität, Bernd Niederland, wies darauf hin, dass gemeinnützige Unternehmen keine Gewinne erwirtschaften dürfen. Ihre Mitarbeiter könnten sie nur besser bezahlen, wenn die Pflegekassen die Leistung besser vergüten. In diesem Zusammenhang nannte Niederland es »eine Absurdität«, dass immer noch große Unterschiede zwischen der Leistungsvergütung in Berlin und im brandenburgischen Umland bestehen. Er appellierte an Sozialministerin Diana Golze (LINKE), hier korrigierend einzugreifen.

Die Landtagsabgeordnete Bettina Fortunato (LINKE) unterstrich, dass man es der unter Druck stehenden Pflegebranche nicht noch schwerer machen dürfe. Der Slogan »Pflegst du noch oder bist du selbst schon krank?« spiegle den Berufsalltag vieler Fachkräfte wider. »Schichtarbeit, schlechte Bezahlung und schlechte Arbeitsbedingungen, schwere körperliche Tätigkeiten, ständiger Stress und Unzufriedenheit bei der Arbeit machen krank. Der wachsende Fachkräftemangel in der Pflege verstärkt den Druck noch.« Fortunato zitierte den Gesundheitsbericht, wonach der Krankenstand bei Altenpflegerinnen in Brandenburg bei 9,1 Prozent liege, bei Krankenschwestern bei 7,7 Prozent, während sich der Krankenstand im Durchschnitt nur bei sechs Prozent bewegt. Leider habe sich die neue Bundesregierung in der Sache für ein »Weiter so« entschieden. »Das Sammelsurium von Einzelmaßnahmen bringt keinen Paradigmenwechsel. 8000 neue Pflegekräfte, wie von der Bundesregierung angekündigt, werden den Pflegenotstand in Pflegeheimen nicht stoppen, zumal nicht einmal klar ist, wie die überhaupt gewonnen werden sollen«, sagte Fortunato. Sie verwies auf rund 1500 unbesetzte Ausbildungsplätze allein in Brandenburg.

Die Landtagsabgeordnete Sylvia Lehmann (SPD) erklärte: »Ziel muss ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag für die gesamte Pflegebranche sein.«

Andreas Heil von der Volkssolidarität wundert sich. »Diese Verhandlungen sind längst im Gange und wir führen sie«, sagte er. Lange Zeit habe die Politik den Flächentarifvertrag nicht unterstützt, inzwischen vermittle sie den Eindruck, als habe sie die Idee dazu gehabt. »Die gegenwärtigen Verhandlungen haben ein Ziel: Die Pflege muss für die Beschäftigten wieder attraktiv werden«, erläuterte Heil. Es sei zu begrüßen, dass die schwer arbeitenden Pflegefachkräfte einen auskömmlichen Lohn erhalten. Zur ehrlichen Antwort gehöre aber auch, zu sagen, woher dieses Geld kommen solle.

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