Moderation

  • Lesedauer: 1 Min.

Schweigen zu Beginn des Plenums. Alle schauen auf den Boden oder in die Luft, niemand bewegt sich. Die Situation, in der alle den Atem anhalten, dauert an: zehn Sekunden, 30 Sekunden, eine Minute. Jede Woche das Gleiche. Alle wissen es und alle wissen auch, dass der Zustand aufgehoben werden muss. Irgendwann, nach einer gefühlten Endlosigkeit, dann doch die Erlösung: »Okay, ich mach’s«, sagt ein Genosse, und ein erleichtertes, befreiendes Ausatmen ist vom Rest der Gruppe zu hören. Die Frage, die all dies ausgelöst hat: »Wer moderiert nächste Woche?«

Alle Aktivist*innen kennen die Herausforderung. Ohne Moderation funktioniert kein Plenum. Manche Gruppen haben feste Verantwortliche, andere lassen die Aufgabe rotieren, wieder andere handeln es spontan aus.

Bei der Moderation kommt die linke Angst vor Hierarchie mit dem Wunsch nach Struktur zusammen. Niemand - zumindest im antiautoritären Lager der Linken - will als Moderator*in zu sehr das Plenum bestimmen, und doch wissen alle, dass ein völlig unstrukturiertes Treffen wenig produktiv ist. Es gibt halt die Notwendigkeit einer Moderation, und so blickt Woche für Woche jede*r zu Beginn des Plenums beschämt zu Boden - und hofft, jemand anderes möge sie übernehmen. chw

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