Ein Haushaltsbuch für die Statistik

Landesamt sucht Freiwillige für die laufende Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2018

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

»Wo bleibt mein Geld?« Diese Frage kann beantworten, wer seine Ausgaben fein säuberlich in ein Haushaltsbuch einträgt - oder sich an der bundesweiten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2018 beteiligt. Es werden noch Berliner und Brandenburger gesucht, die freiwillig mitmachen. Das erklärte am Donnerstag Veronika Kuchta. Sie ist als Referatsleiterin im gemeinsamen Landesamt für Statistik für diese Stichprobe zuständig.

Die alle fünf Jahre erhobene Stichprobe habe eine »große sozialpolitische Bedeutung«, erläuterte Kuchta, denn in die Festsetzung der Regelsätze des Arbeitslosengelds II fließen die Ergebnisse dieser Statistik mit ein. Insofern kann Kuchta sagen, arme Menschen, die auf Hartz IV angewiesen sind, sollten sich an der Studie beteiligen, damit die Politik erkennt, dass sie für ihre Ausgaben mehr finanzielle Unterstützung benötigen. Für das sorgfältige und vollständige Ausfüllen umfangreicher Formularhefte und das Führen der Haushaltsbücher über drei Monate hinweg gibt es übrigens eine kleine Prämie von 100 Euro. Jeder fünfte Teilnehmer wird um eine Feinprobe gebeten. Das bedeutet, er soll für Nahrungsmittel, Getränke und Tabak nicht nur die Ausgaben aufschreiben, sondern auch die erworbenen Mengen. Für den zusätzlichen Aufwand gibt es dann zehn Euro extra.

Leicht verdientes Geld ist das nicht. Alle Angaben wahrheitsgemäß zu machen - etwa, wie viel Miete man zahlt und ob man ein Smartphone oder ein Elektrofahrrad besitzt -, das dauert seine Zeit. Wie lange genau, vermag Kuchta nicht zu sagen, da dies von Fall zu Fall verschieden sei. Allerdings korrigierte Kuchta die Nachricht einer Regionalzeitung, es seien 2000 Fragen zu beantworten, was die Leser abschreckte und dazu führte, dass sich aus dieser märkischen Gegend erst einmal niemand meldete. Es gebe zwar sehr viele Fragen, doch lassen sich zuweilen ganze Seiten überblättern, die nur für bestimmte Schichten gedacht sind, betonte Kuchta. Einfach hinschludern lassen sich die Angaben aber nicht. Es fällt auf, wenn sie nicht plausibel sind, wenn zum Beispiel angeblich überhaupt kein Geld für Lebensmittel ausgegeben wurde, auf die niemand verzichten kann. In solchen Fällen fragt das Statistikamt nach. Die Papiere werden zugeschickt. Es kommt kein Interviewer nach Hause.

Damit die Experten einen repräsentativen Einblick in die Lebenssituation der Bevölkerung bekommen, werden die freiwilligen Teilnehmer der Stichprobe in Dutzende Schichten wie Drei-Personen-Haushalt, erwerbstätig oder Rentner eingruppiert, wobei dann noch eine Unterscheidung nach der Höhe des jeweiligen Einkommens stattfindet. In Berlin sollen im Laufe des Jahres 4326 Haushalte mitmachen, in Brandenburg 2867. Um diese Zahlen zu erreichen, fehlen in Berlin noch mindestens 1696 Haushalte und in Brandenburg 590. Zugleich gibt es Wartelisten für Bevölkerungsgruppen, aus denen bereits genug Haushalte für die Statistik gewonnen werden konnten. Aus Brandenburg benötigt Kuchta beispielsweise nicht mehr die Mithilfe von Rentnern. Es machen schon genug Senioren mit. Menschen mit geringerer Bildung sind schwerer zur Teilnahme zu bewegen. Sie haben manchmal Schwierigkeiten, die Begriffe zu verstehen, bedauerte Kuchta. Sie versicherte zugleich, dass diese Menschen beim Statistikamt anrufen können und man ihnen dann alles erklären würde.

Noch dringend gesucht werden aus Brandenburg Gewerbetreibende, insbesondere Landwirte, außerdem Paare mit Kind, Arbeiter, die allein leben, und Mehrgenerationenhaushalte. Aus Berlin benötigen Kuchta und ihre Kollegen ebenfalls noch Gewerbetreibende und Mehrgenerationenhaushalte, dazu Studenten, Hausfrauen und Arbeitslose sowie generell Haushalte mit Einkommen entweder unter 1700 Euro monatlich oder über 4000 Euro. Kandidaten von den Wartelisten kommen zum Zuge, wenn Teilnehmer keine Lust mehr haben und das aufwendige Führen der Haushaltsbücher abbrechen.

Die Ergebnisse der Stichprobe seien aufschlussreich und manchmal amüsant, bemerkte der stellvertretende Statistikchef Jörg Fidorra. Die Auswertung zieht sich jedoch zwei Jahre hin.

Anmeldung für die Stichprobe unter Tel.: (0331) 81 73 11 20 oder per E-Mail: evs@statistik-bbb.de

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