SPD streitet über Profil und Strategie
Große Koalition uneins bei verschiedenen Projekten
Berlin. Mit erfolgreicher Regierungsarbeit ohne Dauergezänk wollen die SPD-Bundesminister Olaf Scholz und Hubertus Heil die Sozialdemokraten zurück auf Erfolgskurs bringen. Es gehe nicht darum, »dass man in Talkshows anderen Parteien auf die Glocke haut und das für Profilierung der Partei hält«, sagte Arbeitsminister Heil gegenüber Medien. Finanzminister Scholz sagte, die SPD arbeite sich nun »Stück für Stück« voran. Dagegen wolle SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel mehr Lautstärke. Unterdessen streiten SPD, CDU und CSU über mehrere Projekte der großen Koalition.
Die CSU forderte Scholz und Heil zur Umsetzung von Steuersenkungen und Mütterrente auf. Umgekehrt mahnte die SPD die Union, Heils Gesetzentwurf für eine »Brückenteilzeit«, also das Arbeitsnehmerrecht auf Rückkehr in eine Vollzeitstelle, nicht zu blockieren.
Uneins ist die Koalition auch bei einer Kategorie im Pass und in Amtspapieren für Menschen, die weder weiblich noch männlich sind. Dem »Spiegel« zufolge sieht ein Entwurf von Innenminister Horst Seehofer (CSU) zum Personenstandsrecht die Kategorie »anderes« vor. Justizministerin Katarina Barley und Familienministerin Franziska Giffey (beide SPD) hielten das für herabsetzend und seien für »weiteres«, »divers« oder »inter« (lateinisch für zwischen).
Die SPD war nach der historischen Wahlschlappe von 20,5 Prozent im Herbst nur widerwillig erneut in eine Koalition mit der Union gegangen. Derzeit liegt sie in Umfragen bei 16 bis 20 Prozent. Viele Sozialdemokraten finden, dass ihre Partei in der vorigen großen Koalition unkenntlich geworden sei und wieder Profil gewinnen müsse.
»Die SPD muss die Probleme lösen, die den Menschen jetzt unter den Nägeln brennen und Vorstellungen über diese Legislaturperiode hinaus entwickeln«, sagte Heil. »Selbstbespiegelung und Ängstlichkeit stehen niemandem gut zu Gesicht.« Er warnte vor Hickhack um Details: »Wir müssen uns in der Koalition auf die großen wesentlichen Linien konzentrieren und dürfen uns nicht im Unterholz verlaufen.«
Scholz sagte: »Der Weg, den wir vor uns haben, ist noch lang.« Die Regierung stehe seit zwei Monaten, die neue SPD-Führung seit einem Monat. »Jetzt arbeiten wir uns Stück für Stück voran, damit wir bei der nächsten Bundestagswahl mehr als 30 Prozent der Wählerinnen und Wähler vor der SPD überzeugen können.« Er sei »sehr zuversichtlich«, dass die SPD danach den Kanzler stelle.
Der SPD-Vizevorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel warb für eine etwas andere Strategie: »Der Mut und die Lautstärke bei unseren Themen müssen stärker werden«, forderte er. Parteichefin Andrea Nahles habe mit ihren Attacken auf die Union in ihrer Bundestagsrede gezeigt, wie es gehen könne. Auf polarisierende Äußerungen der Union in der Migrations- und Sicherheitspolitik will die SPD aber nicht in gleicher Weise reagieren. Die SPD steige »nicht in jede populistische Debatte ein, die die Union inszeniert«, sagte Generalsekretär Lars Klingbeil.
CSU-Generalsekretär Markus Blume kritisierte die SPD als »bleiern«. »Die Sozialdemokraten müssen jetzt in den Liefermodus kommen«, forderte er. Von Scholz und Heil erwarte er die Umsetzung von Steuersenkungen und Mütterrente. dpa/nd
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